Rz. 6
Die Vorschrift steht in einem inneren Zusammenhang mit § 64 (Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben). Sie hat hauptsächlich Präventionscharakter, bietet für den Leistungsträger aber auch ökonomisches Potenzial. Die Regelung kann nicht als Ergänzung oder Präzisierung der §§ 60 bis 62 angesehen werden, weil es ihr am Element des Amtsermittlungsgrundsatzes aus § 20 SGB X fehlt.
Rz. 7
Neben § 63 existieren weitere Regelungen im SGB, z. T. mit konkreten Mitwirkungspflichten (vgl. die Nahtlosigkeitsregelung in § 145 SGB III, die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nach § 51 SGB V, die nach dem Grundsatz Rehabilitation vor Rente einen Antrag auf Rehabilitation verlangen; im Übrigen vgl. § 8 SGB IX, § 6 SGB XI).
Rz. 8
Die Obliegenheit, eine Heilbehandlung zumindest zu dulden, zielt darauf ab, die wegen Krankheit oder Behinderung begehrte Leistung weitestgehend zu reduzieren oder die Voraussetzungen dafür entfallen zu lassen. Behandlung zur Beseitigung von Krankheit oder Behinderung bzw. Prävention vor Verschlimmerungen sind damit das Kernanliegen der Regelung. Unerheblich ist, ob die beabsichtigte Heilbehandlung ambulant oder stationär durchgeführt wird. Das bedeutet, dass die Regelung insbesondere auf medizinische Eingriffe zielt, die zum Ziel haben, die Leistung zu überwinden.
Rz. 9
Heilbehandlung ist jede medizinische Behandlung zur Verbesserung des Gesundheitszustandes bzw. zur Vermeidung von Verschlechterungen des Gesundheitszustandes des Leistungsberechtigten. Darunter fallen insbesondere medizinische Maßnahmen zur Rehabilitation. Hier ist eine aktive Teilnahme gefragt. Heilbehandlungen sind aber auch alle medizinischen Eingriffe, insbesondere chirurgischer Art, die bei passiver Teilnahme nur zu dulden sind. Hierauf fokussieren die Grenzen der Mitwirkungspflichten nach § 65, insbesondere § 65 Abs. 2 (vgl. die Komm. dort).
Rz. 10
Die Mitwirkungspflicht beschränkt sich nicht darauf, eine Heilbehandlung nur an sich vorzunehmen zu lassen, sondern umfasst den gesamten Prozess der Heilbehandlung einschließlich aktiver Mitwirkung vom Antritt zur Behandlung bzw. Maßnahme über Anwendungen und die Einnahme von Medikamenten bis hin zur Befolgung ärztlicher Instruktionen zum Verhalten ("unterziehen").
Rz. 10a
Die Feststellung des Leistungsfalls einer Erwerbsminderung unterliegt den Grundsätzen der objektiven Beweislast. Dabei trägt derjenige die Folgen der Nichterweislichkeit der behaupteten Leistungsminderung, der einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung geltend macht. Der Kläger ist im Rahmen der gerichtlichen Amtsermittlung mitwirkungspflichtig. Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich auch auf eine im laufenden Rechtsstreit vom Rentenversicherungsträger angebotene stationäre medizinische Rehabilitation, die von einem gerichtlichen Sachverständigen für erforderlich und geeignet gehalten wird (hier: stationäre multiprofessionelle Schmerztherapie, LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 26.8.2022, L 1 R 172/20).