Verfahrensgang

ArbG Ulm (Urteil vom 03.09.1992; Aktenzeichen 2 Ca 562/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.11.1994; Aktenzeichen 4 AZR 888/93)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 03.09.1992 –2 Ca 562/91– im Kostenausspruch aufgehoben und im übrigen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Der Kläger erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe (VergGr.) Vc BAT. Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ab 01.01.1991 Vergütung nach der VergGr. Vb BAT zusteht.

Der beklagte Verein betreibt Einrichtungen für geistig und körperlich Behinderte, u. a. Wohnheime und Werkstätten. Er wendet auf die Arbeitsverhältnisse mit seinen Mitarbeitern den BAT (VkA) an. Der am 04.08.1950 geborene Kläger verfügt über abgeschlossene Berufsausbildungen als Maschinenschlosser und Heilerziehungspfleger. Er wurde vom Beklagten zum 17.09.1979 als Heilerzieher im Anerkennungsjahr eingestellt. Im Anstellungsschreiben vom 09.07.1979 (ABl. 67) heißt es, der Kläger werde als Gruppenleiter entweder im Werkstatt- oder im Wohnbereich eingesetzt werden. Ihm wurde für die Zeit nach dem 3. Tätigkeitsjahr Vergütung nach VergGr. Vc BAT zugesagt.

Der Kläger wurde und wird vom Beklagten als Gruppenleiter in deren Werkstatt für Behinderte eingesetzt. In ihr soll den über 18 Jahre alten Behinderten ein Arbeitsplatz bzw. Gelegenheit zur Ausübung einer für sie geeigneten Tätigkeit geboten werden. Die vom Kläger betreute Gruppe umfaßt 6 bis 7 Behinderte. Die Anleitung dieser Behinderten in fachlicher Hinsicht führt der Kläger allein durch. Die Stellenbeschreibung (ABl. 14) sieht folgende Tätigkeitsbeschreibung vor:

„1. Arbeitstechnische Aufgaben:

(AB) Organisation des Arbeitsablaufes, Durchführung und Überwachung der Arbeit innerhalb der Gruppe.

(AT) Durchführung von Unterweisungen und Anleitung nach den jeweils vorhandenen Förderplänen.

2. Pädagogische Aufgaben:

Förderung und Betreuung der behinderten Mitarbeiter unter Berücksichtigung der individuellen Behinderungen, Eigenarten und Fähigkeiten, sowie deren Aufsicht.

3. Sonstige Aufgaben:

Teilnahme und Mitarbeit bei Besprechungen und sonstigen Veranstaltungen, welche die Werkstatt betreffen.”

Im einzelnen übt der Kläger folgende Tätigkeiten aus:

a. Arbeiten planen, bereitstellen, durchführen, kontrollieren, dokumentieren nach individuellem Förderplan.

Behinderte Mitarbeiter in neue Arbeiten einweisen, beim Einsatz von Werkzeugen und Maschinen anleiten; Grundkenntnisse und Fertigkeiten verschiedener Arbeitsabläufe vermitteln, Umgang mit Werkstoffen und Werkzeugen lehren.

Einteilen von Maschinen, Werkzeugen und selbstgebauten Hilfsvorrichtungen.

Wiederholen von Erlernten, auf Unfallverhütungsvorschriften hinweisen.

b. Tests zur Förderdiagnostik nach Dieterich durchführen.

Beobachtungs- und Entwicklungsberichte erstellen (über Arbeits- u. Sozialverhalten); individuelle Förderpläne erstellen; neuen Mitarbeitern in der bestehenden Gruppe Integrationshilfe geben;

Freizeitmaßnahmen (z. B. Campingfreizeiten) planen und durchführen;

berufliche, und private Probleme besprechen; für Elterngespräche und Elternabende als Ansprechpartner zur Verfügung stehen;

das Sozial- und Arbeitsverhalten sowie das Selbstwertgefühl der Behinderten fördern;

Eignung und Neigungen der Behinderten feststellen;

in Pausen zwischen Behinderten auftretende Konflikte schlichten.

Der Kläger hat beim Arbeitsgericht vorgetragen, er erfülle die Merkmale der Fallgruppe (Fallgr.) 5 der VergGr. Vc BAT (VkA). Er übe besonders schwierige fachliche Tätigkeiten aus, weil er in Gruppen von Behinderten i. S. des § 39 BSHG arbeite. Da der Kläger die Tätigkeit seit vielen Jahren ausübe, sei er infolge Bewährungsaufstiegs nach VergGr. Vb Fallgr. 5 BAT zu vergüten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der Kläger ab dem 01.01.1991 in die Vergütungsgruppe Vb BAT gem. der Anlage 1 zum BAT für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst vom 24.04.1991 einzugruppieren ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgebracht, der Kläger übe eine typische Tätigkeit im handwerklichen Erziehungsdienst aus. Solche Tätigkeiten seien in gesonderten Fallgruppen geregelt. Der Kläger könne deshalb nicht Fallgruppen für Beschäftigte außerhalb des handwerklichen Erziehungsdienstes in Anspruch nehmen.

Mit Urteil vom 03.09.1992, auf das Bezug genommen wird (ABl. 32 bis 38), hat das Arbeitsgericht dem Klagantrag entsprochen.

Gegen das dem Beklagten am 08.02.1993 zugestellte Urteil hat er am 08.03.1993 Berufung eingelegt und hat diese am 08.04.1993 ausgeführt.

Er rügt, das Arbeitsgericht habe übersehen, daß speziellere Regelungen, hier die Regelungen für den handwerklichen Erziehungsbereich, den allgemeinen Regelungen vorgehen würden. Der Kläger sei ausschließlich im handwerklichen Erziehungsdienst tätig. Seine Tätigkeit könne deshalb nicht der Fallgr. 5 der VergGr. Vc BAT unterfallen.

Der Beklagte beantragt,

  1. das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 03.09.1992 – 2 Ca 562/91– abzuände...

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