Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvorgang. Eingruppierung. Pflegekinderdienst. Sozialarbeiter. Sozialpädagoge. Eingruppierung einer Angestellten im Pflegekinderdienst des Kommunalen Sozialdienstes nach dem TVöD. Vorliegen eines einheitlichen Arbeitsvorgangs. Eingruppierung einer Angestellten im Pflegekinderdienst des Kommunalen Sozialdienstes
Leitsatz (amtlich)
Werden dem Arbeitnehmer durch Organisationsentscheidung des Arbeitgebers Aufgaben im Sinne der Protokollerklärung Nr. 13 (Entgeltgruppe S 14 TVöDSuE) übertragen, liegt ein einheitlicher Arbeitsvorgang vor, wenn zu Beginn der Fallbearbeitung nicht absehbar ist, ob eine Entscheidung zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls zu treffen ist oder nicht und ob in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. dem Vormundschaftsgericht eine zur Gefahrenabwehr erforderliche Maßnahme eingeleitet werden muss. Für diese Annahme spricht, dass der Personenkreis ein einheitlicher ist. In diesem Fall sind die Tätigkeiten nicht tatsächlich trennbar.
Normenkette
TVöD § 16; BAT § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 1; TVÜ § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hannover (Entscheidung vom 05.07.2012; Aktenzeichen 7 Ca 72/12 E) |
Nachgehend
Tenor
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover - 7 Ca 72/12 - vom 05.07.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.05.1990 als Angestellte im Pflegekinderdienst des Kommunalen Sozialdienstes beschäftigt. Sie verfügt über den Abschluss einer Dipl.-Sozialarbeiterin und Dipl.-Sozialpädagogin. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit und kraft Vereinbarung im Arbeitsvertrag nach dem TVöD-VKA. Zum 01.11.2009 leitete die Beklagte die Klägerin gemäß der Tarifeinigung zwischen den Gewerkschaften und dem VKA aus der TVöD Entgeltordnung in die neue Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst über und ordnete sie der Entgeltgruppe S 12 zu.
Der Klägerin obliegt es, für Kinder, die bereits wegen einer akuten Notfallsituation aus ihren Familien herausgenommen worden und in der sogenannten Bereitschaftspflege untergebracht sind, neue dauerhafte Pflegefamilien zu finden und diese während des Aufenthalts bei der Pflegefamilie zu begleiten, zu betreuen und im Hilfeplanverfahren mitzuwirken. Bei einem dauerhaften Verbleib in der Pflegefamilie (sogenannte Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII) wechselt die Fallzuständigkeit vom Kommunalen Sozialdienst auf den Pflegekinderdienst, wo sie verbleibt, bis eine neue Entscheidung getroffen oder die Vollzeitpflege spontan beendet wird.
Die Arbeitsplatzbeschreibung vom 18.04.2011, die die Arbeitsinhalte benennt und auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 17 bis 21 d. A.), hat zu Ziffer 4.1.1 folgenden Inhalt:
4.1.1. |
Vorbereitung, Qualifizierung, Prüfung, Vermittlung, Beratung und Aufsicht der Pflegefamilien im Rahmen des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung |
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Dabei haben die PKD Mitarbeiterinnen folgende Aufgaben und Befugnisse: |
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4.1.1.1 |
Vorbereitung, Qualifizierung und Auswahl von Pflegeelternbewerberinnen und -bewerbern für zu vermittelnde Kinder sowie Feststellung der Eignung gem. §§ 37/44 SGB VIII nach eigenständiger Exploration der Familiengeschichte und Auswertung unter dem Focus, ob langfristig das Kindeswohl in der Pflegefamilie gewährleistet ist. |
20 % |
4.1.1.2 |
Kontinuierliche Beratung, Unterstützung, Begleitung und Aufsicht der Pflegefamilien während der gesamten Dauer der Pflegeverhältnisse unter Berücksichtigung des Schutzauftrages gem. § 8 a SGB VIII. |
9 % |
4.1.1.3 |
Erarbeitung und eigenverantwortliche Steuerung der fortlaufenden Hilfeplanverfahren. |
38 % |
4.1.1.4 |
Abgabe von für die Einzelfälle richtungweisenden Stellungnahmen und fachgutachtlichen Äußerungen an das Familien- bzw. Vormundschaftsgericht zu den folgenden Frage: - Übertragung der Angelegenheiten der elterlichen Sorge (§ 1630, 3 BGB) - Herausgabe des Kindes, Bestimmung des Umgangs, Wegnahme von der Pflegeperson (§ 1632 BGB) - Gefährdung des Kindeswohl (§ 1666a BGB) - Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII) - Unterbringung mit Freiheitsentziehung (§ 1631b BGB) - Ruhen der elterlichen Sorge (1674 BGB) - Sorgerecht (§§ 16980/1681 BGB) - Mitwirkung und Beteiligte in gerichtlichen Verfahren (§ 50 SGB VIII) - Beratung und Unterstützung von Pflegern und Vormündern (§ 53 SGB VIII) - Umwandlungen von Pflegeverhältnissen in Adoption |
8 % |
4.1.1.5 |
Selbstständige Erarbeitung und Einleitung weiterer Hilfen gemäß §§ 27 ff. und Hilfen für junge Volljährige gem. § 41 SGB VIII bei Beendigung oder Abbruch von Pflegeverhältnissen unter Beachtung des Schutzauftrages: - Klärung sachlicher und örtlicher Zuständigkeit - Beratung - Antragsaufnahme - Durchführung eines Hilfeplanverfahrens |
13 % |
4.1.1.6 |
Inobhutnahmen (§ 42 SGB VIII) - vorläufige Maßnahme zum Schutz von Kindern un... |