Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe-Abfindung als Vermögenswert
Leitsatz (amtlich)
Grundsätzlich ist auch eine für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung als Vermögen des Antragstellers im Sinne der §§ 115, 120 Abs. 4 ZPO zu berücksichtigen.
Die Anwendung kommt jedoch nur unter Beachtung der Schongrenze des §§ 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Betracht, wenn die Anrechnung für den Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zumutbar ist.
Normenkette
ZPO §§ 115, 120 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 24.03.1997; Aktenzeichen 5d Ca 2331/96) |
Tenor
wird die Beschwerde der Bezirksrevisorin des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein gegen den Prozeßkostenhilfebeschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 24. März 1997 zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin hat am 22. Oktober 1996 Klage gegen das beklagte Schuhhaus mit folgenden Anträgen erhoben:
- Festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 09.10.1996, zugegangen am 09.10.1996, nicht beendet worden ist, sondern weiter fortbesteht.
- Den Beklagten zu verurteilen, die Abmahnung vom 10.09.1996 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.
Im Termin zur Verhandlung vor der Kammer am 7. März 1997 hat die Antragstellerin beantragt, ihr Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Be. zu bewilligen und zugleich eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse überreicht sowie angekündigt, umgehend einen Bescheid über den Arbeitslosengeldbezug nachzureichen.
Die Parteien haben den Rechtsstreit sodann durch gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, durch den u. a. die Beklagte sich verpflichtet hat, der Antragstellerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG, § 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von 10.000,– DM brutto = netto zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat, nachdem die Antragstellerin am 20. März 1997 Belege nachgereicht hat, durch Beschluß vom 24. März 1997 Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung unter Beiordnung von Rechtsanwalt C., Tönning, zu den Sätzen eines Meldorfer Anwalts bewilligt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 12. Juni 1997.
Die Bezirksrevisorin trägt vor:
Zwar sei ein einzusetzendes Einkommen der Antragstellerin, welches eine Ratenzahlungsverpflichtung nach sich ziehen könne, nicht vorhanden. Die Antragstellerin müsse jedoch gemäß § 115 Abs. 2 ZPO Vermögen einsetzen. Dieses bestehe in der durch den gerichtlichen Vergleich zuerkannten Abfindung in Höhe von 10.000,– DM brutto = netto. Nach Abzug eines anerkannten Schonbetrages von 4.500,– DM sei die Abfindungssumme somit teilweise im Rahmen der Prozeßkostenhilfe einzusetzen. Unter Berücksichtigung der aus dem Akteninhalt ersichtlichen Lebensverhältnisse – keine weitere Unterhaltsverpflichtung – sowie der Wahrscheinlichkeit, daß die Antragstellerin in dem erlernten Beruf in absehbarer Zeit wieder ein neues Beschäftigungsverhältnis finden werde, sei die Beteiligung an den Prozeßkosten im Rahmen einer Ratenzahlungsanordnung zumutbar.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluß vom 12. August 1997 nicht abgeholfen und dies wie folgt begründet:
Selbst wenn man grundsätzlich der vom Gericht abgelehnten Auffassung folge, daß Abfindungen gemäß §§ 9, 10 KSchG als Vermögen i. S.v. § 115 Abs. 2 ZPO anzusehen seien, sei es der Antragstellerin nicht zumutbar, den Abfindungsbetrag für die Kosten der Prozeßführung einzusetzen. Sie verfüge zum Zeitpunkt des Bewilligungsbeschlusses über so geringe Einkünfte, daß diese – nach Abzug der Kosten für die Unterkunft – unterhalb der in Schleswig-Holstein für Haushaltsvorstände geltenden Regelsätze der Sozialhilfe (z.Z. 531,– DM) lägen. Des weiteren sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin in der Zeit vom 9. Oktober 1996 bis zum 3. Januar 1997 über keinerlei Einkünfte verfügt habe, somit in diesem Zeitpunkt Einbußen gegenüber der vorhergehenden Situation in Höhe von 8.400,– DM brutto gehabt habe. Nach Einsatz der Abfindungszahlung sei eine angemessene Lebensführung der Antragstellerin wesentlich erschwert, so daß die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe als Sonderform der Hilfe in besonderen Lebenslagen nach § 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 88 Abs. 3 S. 1 BSHG nicht vom Einsatz der Abfindung habe abhängig gemacht werden dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 3 S. 1–3 ZPO statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache ist sie jedoch nicht gerechtfertigt.
Das Beschwerdegericht folgt zwar der Auffassung, daß auch eine für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung grundsätzlich als Vermögen des Antragstellers bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach §§ 115 bzw. 120 Abs. 4 ZPO berücksichtigt werden kann. Die Anrechnung kommt jedoch nur in Betracht, wenn diese unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse für den Antragsteller zumutbar ist. Das ist bei Antragstellerin nicht...