Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Bindung der Krankenkasse an Gesamtvertrag
Leitsatz (amtlich)
Eine ortsfremde Betriebskrankenkasse ist an die von dem zuständigen BKK-Landesverband mit Wirkung für sie abgeschlossenen Gesamtvertrag auch dann gebunden, wenn dies zunächst zu überhöhten Abschlagszahlungen führt. Sie muss die strukturellen Diskrepanzen solange hinnehmen, bis neue vertragliche Regelungen vereinbart sind und darf nicht nach Gutdünken die Abschlagszahlungen kürzen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.12.2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege vorläufigen Rechtsschutzes (u.a.) die Zahlung von Abschlägen auf die Gesamtvergütung nach Maßgabe eines unter den Beteiligten streitigen Berechnungsmodus.
Die Antragsgegnerin, gesetzliche Krankenkasse mit Sitz außerhalb des Landes Baden-Württemberg, unterliegt dem Wohnortprinzip und ist damit eine so genannte „einstrahlende Krankenkasse“. Über die vertragszahnärztliche Versorgung ihrer im Bezirk der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) wohnenden Mitglieder werden Gesamtverträge abgeschlossen. Vertragspartner sind die Antragstellerin, die aus der zum 1.1.2005 vollzogenen Fusion der bis dahin im Land Baden-Württemberg bestehenden vier Kassenzahnärztlichen Vereinigungen hervorgegangen ist, und - für die Antragsgegnerin - der Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg (BKK-LV).
Die baden-württembergischen Krankenkassen und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen dieses Bundeslandes haben in der Vergangenheit ein Vergütungssystem vereinbart, wonach die Gesamtvergütung unter Berücksichtigung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs nach Einzelleistungen berechnet werden (§ 3 des Gesamtvertrags vom 18.6.1983). Entsprechend diesem System wurden auch die Abschlagszahlungen der bezirkseigenen Krankenkassen berechnet.
Mit dem Gesetz zur Einführung des Wohnortprinzips bei Honorarvereinbarungen für Ärzte (WOPG) vom 11.12.2001 (BGBl. I S. 3526) sind für die bereichsfremden Krankenkassen Bestimmungen zur Berechnung der Gesamtvergütung für vertrags(zahn)ärztliche Leistungen getroffen worden. Art. 2 § 1 WOPG legt als Übergangsregelung hierfür fest, dass der Ausgangsbetrag für die für das Jahr 2002 erstmalig nach dem Wohnortprinzip zu vereinbarenden Gesamtvergütungen sich jeweils durch Multiplikation folgender Faktoren ergeben solle:
1. des Betrags, der sich bei einer Teilung der für das Jahr 2001 geltenden Gesamtvergütung durch die Zahl der Mitglieder der Krankenkassen ergibt;
2. der Zahl der Mitglieder der Krankenkassen mit Wohnort im Bezirk der vertragsschließenden kassenärztlichen Vereinigung.
Art. 2 § 1 WOPG sieht also eine Ermittlung der Gesamtvergütung nach Kopfpauschalen vor.
Zu Abschlagszahlungen auf die Gesamtvergütungen enthalten weder das WOPG noch § 85 SGB V Regelungen. Diese finden sich in gesamtvertraglichen Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und dem BKK-LV. Im Hinblick auf die Errichtung der Antragstellerin zum 1.1.2005 als Rechtsnachfolgerin der vormaligen vier baden-württembergischen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen ist unter dem 6./12.9.2005 eine Übergangsregelung vereinbart worden (SG-Akte S. 29). Danach gilt bis zum Abschluss eines Gesamtvertrags zwischen dem BKK-LV und der Antragstellerin der zwischen der KZV Stuttgart und dem BKK-LV sowie anderen Krankenkassenverbänden geschlossene Gesamtvertrag vom 18.6.1983 einschließlich Änderungen und Ergänzungen (in der Fassung des Nachtrags vom 28.5.1993; im Folgenden: Gesamtvertrag 1983, SG-Akte S. 32 ff.) auch für die Antragstellerin (II Satz 1). Außerdem wurden (unter II Satz 2 und 3) Bestimmungen zu Zahlungsterminen festgelegt sowie eine klarstellende Regelung für die Berechnung der Abschlagszahlung vereinbart. Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg, hat nach Vorlage der Übergangsregelung vom 6.9.2005 (gem. § 71 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) im Schreiben vom 22.11.2005 ausgeführt, dass keine Einwände bestünden (SG-Akte S. 30).
§ 8 Gesamtvertrag 1983 enthält zur Leistung von Abschlags- und Restzahlungen folgende Regelungen:
5. Die Krankenkassen leisten für Behandlungen nach Abs. 4aa) und bb) an die KZV Stuttgart bis zum 15. jeden Monats für den abgelaufenen Monat eine Abschlagszahlung in Höhe von 30 v. H. der Gesamtvergütung des gleichen Kalendervierteljahres des Vorjahres. Die Überweisungen der Restforderung erfolgt innerhalb von sieben Kalendertagen nach Eingang der Vierteljahresrechnung bei den Krankenkassen. Bei der Berechnung der Abschlagszahlungen sind die vereinbarten Punktwertänderungen zu berücksichtigen. Überzahlungen werden bei der nächsten Zahlung verrechnet.
6. Die Krankenkassen leisten für Behandlungen nach Abs. 4 cc) die Zahlung der bis zum 10. des laufenden Monats eingereichten Abrechnungen bis zum 17. des Monats und der ...