Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung durch den Kammervorsitzenden des SG. Entscheidung über die Streitwertbeschwerde allein durch den Berichterstatter des LSG. ausdrückliche Nichtabhilfeentscheidung des SG nicht erforderlich

 

Leitsatz (amtlich)

Über Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwertes durch den Kammervorsitzenden des Sozialgerichts entscheidet das Landessozialgericht durch den Berichterstatter allein.

 

Orientierungssatz

Gemäß § 68 Abs 1 S 5 iVm § 66 Abs 3 S 1 GKG 2004 hat das Gericht, das den Streitwert festgesetzt hat, der Beschwerde abzuhelfen, soweit es sie für zulässig und begründet hält; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Einer gesonderten, ausdrücklichen Nichtabhilfeentscheidung des Gerichts bedarf es nicht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Mai 2018 abgeändert und der Streitwert für das Verfahren S 3 BA 44/18 auf 41.396,37 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwertes durch das Sozialgericht Heilbronn (SG) für ein erstinstanzliches Klageverfahren, das eine Untätigkeitsklage betraf.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2017 setzte die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung Beitragsnachforderungen gegenüber der Klägerin in Höhe von 82.792,73 Euro (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 16.848,00 Euro) fest. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 2017 Widerspruch, dessen Eingang die Beklagte mit Schreiben vom 2. März 2017 bestätigte. Mit Schreiben vom 30. Mai 2017 fragte die Klägerin bei der Beklagten nach dem Sachstand und wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 8. November 2017 fragte die Klägerin bei der Beklagten an, weshalb über den Widerspruch noch nicht entschieden sei. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2017 informierte die Beklagte die Klägerin, dass der Widerspruch zur Entscheidung an die zentrale Widerspruchsstelle abgegeben worden sei. Zwischenzeitlich erfüllte die Klägerin die Beitragsnachforderung, um eine Zwangsvollstreckung abzuwenden.

Am 4. Januar 2018 hat die Klägerin beim SG Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung ihres Widerspruchs erhoben.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten hat den Widerspruch der Klägerin am 10. Januar 2018 zurückgewiesen.

Die Klägerin erklärte daraufhin am 31. Januar 2018 den Rechtsstreit “für erledigt„ und beantragte, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte erklärte am 16. Februar 2018 ihre Bereitschaft zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten (der Klägerin).

Das SG hat mit Beschluss vom 4. Mai 2018 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 20.698,18 Euro festgesetzt. Der Streitwert der Hauptsache sei nicht identisch mit dem Streitwert für eine Untätigkeitsklage. Das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. Oktober 2017 (B 12 KR 3/16 R - juris Rdnr. 14) betreffe nur die Frage des Beschwerdewerts im Sinne von § 144 (Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gleichwohl sei der Streitwert in der Sache auch bei einer Untätigkeitsklage im Bereich des § 197a SGG nicht außen vor zu lassen. Vom Hauptsachestreitwert sei ein Anteil von 10 bis 25 Prozent anzunehmen. Das hohe finanzielle Interesse in der Hauptsache und die Nichtreaktion der Beklagten seit Ablauf der Frist des § 88 Abs. 2 SGG von mehreren Monaten lasse es vorliegend gerechtfertigt erscheinen, an den oberen Rand des Spielraums zu gehen und 25 Prozent anzunehmen.

Gegen den ihr am 14. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat die Klägerin hinsichtlich der Streitwertfestsetzung am 17. Mai 2018 beim SG Beschwerde eingelegt, die das SG an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg weitergeleitet hat. Es habe bereits seit der am 17. Januar 2013 beginnenden Betriebsprüfung vier Jahre gedauert, bis der Ausgangsbescheid vom 3. Februar 2017 erlassen worden sei. Ihren Widerspruch hiergegen habe die Beklagte nicht beschieden. Der Erlass eines Widerspruchsbescheides sei zwingende Voraussetzung dafür, dass sie die bereits bezahlten Beiträge in Höhe von 82.792,73 Euro zurückerhalte. Es müsse effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein. Auch bei Untätigkeitsklagen müsse sich der Streitwert nach den wirtschaftlichen Auswirkungen richten. Es sei daher sachgerecht, den Streitwert vorliegend auf mindestens 50 Prozent des Hauptsachestreitwertes festzusetzen. Daneben sei auch das Ausmaß der Verzögerung zu berücksichtigen; je länger sich die Behörde Zeit lasse, umso mehr wachse die wirtschaftliche Betroffenheit des Widerspruchsführers.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. Mai 2018 abzuändern und den Streitwert des Verfahrens S 3 BA 44/18 auf 82.792,73 Euro festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Streitw...

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