Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Kostenübernahme für den Besuch des Förder- und Betreuungsbereichs einer WfbM. Ermittlung des individuellen Bedarfs durch den Sozialhilfeträger. Zurechenbarkeit zu einem bestimmten in der Leistungsvereinbarung mit dem Einrichtungsträger vorgesehenen Leistungstyp. keine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme höherer Kosten bei Übersteigen des in der Leistungsvereinbarung für den Leistungstyp geregelten durchschnittlichen oder typisierten Bedarfs. Umfang des Anspruchs auf Eingliederungshilfe eines behinderten Menschen (hier Autismusspektrumstörung) unter Berücksichtigung des sozialhilferechtlichen Leistungserbringerrechts
Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang des Anspruchs auf Eingliederungshilfe eines behinderten Menschen (hier Autismusspektrumstörung) unter Berücksichtigung des sozialhilferechtlichen Leistungserbringerrechts:
1. Übersteigt der konkrete Hilfebedarf eines Leistungsberechtigten den durchschnittlichen oder typisierten Hilfeaufwand eines in der Leistungsvereinbarung geregelten oder in Bezug genommenen Leistungstyps, führt dies noch nicht dazu, dass der konkrete Hilfebedarf nicht von der Leistungsvereinbarung umfasst wird. Der Einrichtungsträger muss entweder mit den vertraglich vereinbarten typbezogen bewilligten Leistungen auskommen oder (ohne Beeinträchtigung der Betreuung des Hilfebedürftigen) die Vergütungsvereinbarung mit dem Sozialhilfeträger nachverhandeln.
2. Hierfür muss zumindest feststehen, dass der konkrete Hilfebedarf dem typisiert gefassten Leistungstyp überhaupt zugerechnet werden kann. Ist eine Umschreibung des Hilfebedarfs im Leistungstyp nicht erfolgt, hat eine Eingrenzung nach der beschriebenen Zielgruppe zu erfolgen.
3. Die zur Einordnung erforderliche individuelle Bedarfslage hat der Sozialhilfeträger von Amts wegen zu ermitteln.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die gem. §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Heilbronn (SG) hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Die 1992 geborene und schwerbehinderte Antragstellerin (GdB 100, Merkzeichen G, H, RF), die an frühkindlichem Autismus leidet, hat neben der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners beantragt, ihr “Eingliederungshilfeleistungen im Förder- und Betreuungsbereich einer Einrichtung für behinderte Menschen in bedarfsdeckendem Umfang mit ausreichender personeller Betreuung über den Personalschlüssel von 1:3 hinaus bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren„. Das Begehren der Antragstellerin ist somit gerichtet auf teilstationäre Leistungen der Eingliederungshilfe zur Sicherstellung einer Tagesstruktur mit Förderung und Betreuung (Förder- und Betreuungsgruppe - FuB -), die gleichzeitig ihrem besonderen Hilfebedarf insbesondere im Bereich der Kommunikation Rechnung tragen. Wie sich aus dem weiteren Vortrag auch im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren entnehmen lässt, macht sie die Notwendigkeit einer festen Bezugsperson sowie einer persönlichen Assistenz für Kommunikation und Impulsgebung aufgrund ihrer Einschränkungen durch eine Autismusspektrumstörung geltend.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundge...