Leitsatz (amtlich)
Bei einer ambulanten EU-Auslandsbehandlung gelten die Leistungsvoraussetzungen und Begrenzungen des Leistungsumfangs des nationalen Rechts, wenn und solange sie nicht diskriminierend wirken, auch unter Geltung des § 13 Abs 4 SGB 5 uneingeschränkt (hier: Doman-Delacato-Therapie) (vgl LSG Stuttgart vom 14.9.2004 - L 11 KR 2308/03 und L 11 KR 2090/04).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 9. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme der Behandlung mit der Doman-Delacato-Therapie (DDT) in Italien streitig.
Der 1997 geborene, bei der Beklagten über seinen Vater familienversicherte Kläger ist bereits in der 32. Schwangerschaftswoche mit schweren perinatalen Komplikationen zur Welt gekommen und leidet seitdem an einer schweren Cerebralparese mit Tetraspastik. Ferner liegt eine schwere Innenohrschwerhörigkeit, eine an Blindheit grenzende Sehbehinderung sowie ein Anfallsleiden vor. Seit Juni 1999 ließen ihn seine Eltern als gesetzliche Vertreter deswegen mehrmals in den USA mit der DDT am Institut for the Achievement of Human Potential behandeln. Den Antrag auf Kostenerstattung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2001 ab. Die dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage (S 2 KR 2759/01) wurde durch Urteil vom 27. März 2002 abgewiesen. Das Berufungsverfahren blieb ebenfalls erfolglos (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg - LSG - vom 26. November 2002 - L 4 KR 2918/02 -). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Verfahren zur Behandlung cerebralparetischer Kinder, die dem aktuellen medizinischen Kenntnisstand entsprächen, auch in Deutschland angeboten würden. Hierbei seien zum einen die bereits bei dem Kläger angewandten Therapiemethoden nach Bobath und Vojta, aber auch manualtherapeutische Behandlungen zu nennen, die erfolgreich durchgeführt würden. Auch sei die DDT-Behandlung von dem Bundesausschuss nach Anlage B Nr. 12 mit Beschluss vom 10. Dezember 1999 als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen worden.
Am 13. November 2002 ließ der Kläger erneut die Kostenübernahme der DDT-Behandlung am Institut for the Achievement of Human Potential, Europe in Pisa/Italien unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) beantragen. Danach könne eine Behandlung, die in der internationalen Medizin als hinreichend erprobt und anerkannt angesehen werden könne, nicht versagt werden, wenn keine rechtzeitige wirksame Behandlung zur Verfügung stünde. Dies treffe bei ihm zu, da er im Kinderzentrum in München fast 4 Monate stationär ohne Erfolg behandelt worden sei.
Mit Bescheid vom 24. April 2003 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, für die Erkrankung stünden Behandlungsmethoden im Kinderzentrum in München zur Verfügung, die von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden könnten. Nur wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit ausschließlich im Ausland möglich sei, könne die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn die angewandte Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Das sei hier nicht der Fall.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch ließ der Kläger geltend machen, es handle sich um eine ambulante Behandlung, die von speziell ausgebildeten Therapeuten in Italien durchgeführt würde. Aus Gründen der Dienstleistungsfreiheit müsse daher die Behandlung erstattet werden. Denn es komme nicht darauf an, ob der Bundesausschuss die DDT in den Katalog der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgenommen habe oder nicht, da es gegen europäisches Recht verstoße, wenn Versicherten eine Behandlung versagt werde, die andere Versicherte in anderen EU-Staaten erhielten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, eine Kostenerstattung im europäischen Ausland könne nur dann beansprucht werden, wenn alle nach deutschem Recht (hierzu gehörten auch beispielsweise die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschuss) maßgeblichen Leistungsvoraussetzungen erfüllt seien. Dies sei hier nicht der Fall, da für die DDT von dem Bundesausschuss keine positive Empfehlung abgegeben worden wäre, sondern es sich um eine Behandlung handle, die in der vertragsärztlichen Versorgung nicht angewendet werden dürfe. Deswegen scheide eine Kostenerstattung auch dann aus, wenn der Versicherte sich die Leistung gezielt im europäischen Ausland selbst beschaffe.
Mit seiner dagegen beim SG erhobenen Klage ließ der Kläg...