Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Zulässigkeit und Begründetheit einer Anfechtungsklage gegen die Zulassung eines anderen Vertragsarztes. defensive Konkurrentenklage
Orientierungssatz
Ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie wird durch die Entscheidung des Zulassungsausschusses über die Zulassung einer Konkurrentin im Wege einer Sonderbedarfszulassung nicht in eigenen Rechten verletzt (vgl BSG vom 7.2.2007 - B 6 KA 8/06 R = SozR 4-1500 § 54 Nr 10).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 09. August 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird sowohl für das erstinstanzliche Verfahren als auch für das Berufungsverfahren mit jeweils 60.000,- € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger durch eine Sonderbedarfszulassung einer Konkurrentin in eigenen Rechten verletzt wird.
Der Kläger ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie in P niedergelassen und seit Juni 2005 im Wege einer Sonderbedarfszulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beigeladene zu 8.) ist fachärztliche Internistin ebenfalls mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie; sie war im Januar 2006 als angestellte Oberärztin im Klinikum P beschäftigt und bis 31.07.2007 zur ambulanten Behandlung von Krebspatienten ermächtigt. Am 11.1.2006 beantragte sie bei dem Zulassungsausschuss im Regierungsbezirk K ihre Sonderbedarfszulassung für den Fachbereich internistische Onkologie und Hämatologie mit Vertragsarztsitz in P.
Der Zulassungsausschuss hörte niedergelassene Ärzte an, darunter den Kläger, der sich mit Schreiben vom 31.05.2006 gegenüber der beantragten Sonderbedarfszulassung ablehnend äußerte. Mit Beschluss vom 26.07.2006 (Bescheid vom 11.09.2006) ließ der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 8.) als Fachärztin für Innere Medizin für den Vertragsarztsitz in P mit Wirkung vom 01.10.2006 zu. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten des Klägers, der bereits mit Fax vom 28.8.2006 Widerspruch eingelegt hatte, am 12.09.2006 förmlich zugestellt. Er erhob daraufhin am 14.09.2006 erneut Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, die erteilte Sonderbedarfszulassung sei rechtswidrig, ein quantitativer Sonderbedarf sei nicht erkennbar, er verfüge noch über umfangreiche Behandlungskapazitäten, wie er an Hand seiner Abrechnungen problemlos nachweisen könne. Auch ein qualitativer Sonderbedarf sei nicht erkennbar, auch er biete sämtliche hämatologisch-onkologischen Behandlungsverfahren an. Irgendwelche "Spezialverfahren", die allein von der Beigeladenen zu 8.) angeboten werden könnten, seien nicht ersichtlich. Hinzu komme, dass die Beigeladene zu 8.) ohnehin lediglich das Ziel verfolge, die bisherige onkologische Institutsambulanz des Städtischen Klinikums Pforzheim in anderer Rechtsform weiter zu führen, was gegen den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte verstoße.
In seiner Sitzung vom 29.11.2006 hob der Beklagte auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1.) den Beschluss des Zulassungsausschusses auf und lehnte den Sonderbedarfsantrag der Beigeladenen zu 8.) ab. Mit weiterem Beschluss vom selben Tage wies er den Widerspruch des Klägers als unzulässig zurück. Dem entsprechend erließ der Beklagte auch zwei Widerspruchsbescheide. In dem an die Beigeladene zu 8.) gerichteten Widerspruchsbescheid vom 10.1.2007 (BRA 43/06) verneinte er einen Bedarf für einen weiteren onkologisch tätigen Internisten, woraufhin die Beigeladene zu 8.) Klage beim SG Karlsruhe (Az: S 1 KA 740/07) erhob. Im Widerspruchsbescheid vom 10.01.2007 (BRA 39/06) führte er gegenüber dem Kläger aus, sein Widerspruch sei unzulässig, weil ihm kein Recht zustehe, die Entscheidung des Zulassungsausschusses zu bekämpfen. Er sei Konkurrent der Beigeladenen zu 8.), um deren Sonderbedarfszulassung es gehe. Sollte sie eine Zulassung erhalten, wäre sie direkte Konkurrentin des Klägers. Im System der vertragsärztlichen Versorgung hätte sie dann die gleiche Stellung, denn auch der Kläger sei niedergelassen im Sonderbedarf zur onkologischen Versorgung. Soweit das Bundesverfassungsgericht Konkurrenten Widerspruchsrechte eingeräumt habe, beschränke sich dies auf solche Fälle, in denen die Konkurrenten nicht im gleichen Verhältnis im System der vertragsärztlichen Versorgung arbeiteten, was bei einem ermächtigten Krankenhausarzt der Fall sei. Dieser habe ein gesichertes Einkommen und erziele noch ein Zusatzeinkommen aus der Ermächtigung, während der niedergelassene Fachkollege hierdurch in seiner eigenen wirtschaftlichen Basis betroffen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe nicht verhindern wollen, dass sich die Ärzte neu niederlassen und diese Niederlassung von bereits nie...