Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Merkzeichen RF. Ausschluss von der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen. gesundheitliche Voraussetzungen
Orientierungssatz
1. Kein Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens RF, wenn der Kläger wegen seiner Leiden nicht ständig daran gehindert ist an Veranstaltungen teilzunehmen.
2. Die bloße Unmöglichkeit des Besuchs von Veranstaltungen bestimmter Art begründet noch nicht die Voraussetzung für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens RF.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches Rundfunkgebührenbefreiung und Sozialtarif für Telefonanschlüsse (Merkzeichen “RF„) streitig.
Bei dem 1940 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Karlsruhe zuletzt mit Bescheid vom 21.06.2004 den Grad der Behinderung (GdB) mit 100 seit dem 01.03.2004 neu fest und erkannte ihm das Merkzeichen “B„ neu sowie das Merkzeichen “G„ weiterhin zu. Widerspruch, Klage (S 6 SB 4273/04) beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) unter Einbeziehung des Bescheides vom 28.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12.12.2005 - erneute Ablehnung des Merkzeichens “H„ - und Berufung (L 3 SB 4155/06) beim Landessozialgericht Baden-Württemberg des Klägers wegen der Zuerkennung des Merkzeichens “H„ blieben erfolglos.
Am 01.12.2006 stellte der Kläger den (wiederholten) Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens “RF„ wegen einer Innenohrschwerhörigkeit. Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. C. vom 19.12.2007, in der wegen einer chronischen Bronchitis (Teil-GdB 50), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Gicht mit Gelenkbeteiligung, Funktionsbehinderung beider Hüft- und Kniegelenke, Polyarthrose, Funktionsbehinderung des linken Handgelenks (Teil-GdB 50) Adipositas permagna, Bluthochdruck (Teil-GdB 10), Leberschaden (Teil-GdB 10), Sehminderung (Teil-GdB 20), Diabetes mellitus (Teil-GdB 30), Polyneuropathie, chronisches Schmerzsyndrom (Teil-GdB 40) und Schwerhörigkeit beidseits (Teil-GdB 30) der Gesamt-GdB weiterhin mit 100 angenommen wurde, lehnte das zwischenzeitlich zuständig gewordenen Landratsamt Karlsruhe - Amt für Versorgung und Rehabilitation - (VA) mit Bescheid vom 21.12.2007 den Antrag auf Feststellung des Merkzeichens "RF„ ab.
Hiergegen legte der Kläger am 27.12.2006 unter Vorlage von Befundberichten Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, hinsichtlich seiner Innenohrschwerhörigkeit würden Hörhilfen nichts helfen. An öffentlichen Veranstaltungen könne er nicht mehr teilnehmen, weil es an der Begleitung fehle und wegen seiner Leiden. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 18.01.2008 wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 31.01.2008 zurückgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 05.02.2008 Klage beim SG. Er machte unter Vorlage von Befundberichten und ärztlichen Attesten zur Begründung geltend, er leide an einer Polychondritis mit schmerzhaften Lähmungen und einer erheblichen Hörminderung, besonders hinsichtlich Nebengeräuschen. Versuche mit verschiedenen Hörgeräten seien ohne Erfolg geblieben. Bei der Bewertung seiner Schwerhörigkeit sei die Hauptursache, seine Polychondritiserkrankung, mit den Nebenerscheinungen völlig außer Acht gelassen worden. Der GdB müsse mindestens 70-80 betragen. Aufgrund der Polychondritis und Bronchiektasen sowie seinem erheblich reduzierten Gesundheitszustand sei seine Mobilität und Belastbarkeit im Alltag stark eingeschränkt. Wegen der schweren Leiden nebst der Innenohrschwerhörigkeit sei er seit 2003 auch in Begleitung nicht mehr in der Lage, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erübrige sich aufgrund des vorgetragenen und belegten Sachverhaltes. Der Kläger hat die bei ihm gestellten Diagnosen sowie die von ihm einzunehmenden Medikamente aufgelistet.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Reiniger vom 04.07.2008 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2009 wies das SG die Klage ab. Es führte - unter Bezugnahme auf die Darstellungen in den angefochtenen Bescheiden - zur Begründung aus, die vorgelegten Unterlagen belegten nicht, dass der Kläger gehörlos oder dass ihm eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfe nicht möglich sei. Sie belegten vielmehr die Beurteilung des Beklagten, dass die Schwerhörigkeit mit einem GdB von 30 zu bewerten sei. Dies rechtfertige jedoch nicht die...