Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld Plus. Ausschluss von Auszubildenden vom Partnerschaftsbonus. Arbeitszeitkorridor. Tätigkeit bis 30 Wochenstunden. Beamtenanwärter. keine Möglichkeit der Teilzeitausbildung. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschrift des § 4 Abs 4 S 3 BEEG verlangt eine tatsächliche Reduzierung der Erwerbstätigkeit, die überdies in rechtlich zulässiger Weise vorgenommen wird. Eine behauptete, rechtlich aber nicht zulässige "Teilzeitausbildung" erfüllt diese Voraussetzung nicht.

 

Orientierungssatz

Dass Nicht-Erwerbstätige (wie etwa Auszubildende, Rentner oder Erwerbslose) die Anspruchsvoraussetzung einer im bestimmten Umfang reduzierten Erwerbstätigkeit überhaupt nicht erfüllen können, bedingt noch keinen Verfassungsverstoß. Hierfür liegen sachliche, die Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigende Gründe vor, die aus dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck resultieren, insbesondere Mütter zur früheren Wiederaufnahme zumindest einer Teilzeittätigkeit und insbesondere Väter zur vorübergehenden Verringerung ihrer Erwerbstätigkeit zu Gunsten der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder zu motivieren.

 

Tenor

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23.05.2017 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für die Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über höheres Elterngeld (Partnerschaftsbonus für den 9. bis 12. Lebensmonat der gemeinsamen Tochter der Kläger zu 1) und 2).

Die Kläger sind Eheleute und Eltern der 2016 geborenen S. C. Der Kläger zu 1) absolviert seit dem 01.09.2015 bis voraussichtlich 29.02.2019 ein Studium für den gehobenen Verwaltungsdienst an der Hochschule für öffentliche Verwaltung K. und wurde mWv 01.03.2016 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Regierungsinspektoranwärter ernannt (Bl 26 Verwaltungsakte). Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt dabei 41 Wochenstunden (Arbeitgeberbescheinigung des Landesamts für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg vom 10.03.2016, Bl 100 Verwaltungsakte). Ein Reduzierung des zeitlichen Umfangs fand in der Zeit von September 2016 bis Januar 2017 nicht statt, da der Kläger zu 1) keine Teilzeitausbildung absolvieren kann (vgl Bl 58 Senatsakte). Die Klägerin zu 2) reduzierte hingegen ihre Erwerbstätigkeit im fraglichen Zeitraum von 40 auf 30h/Woche (Bl 101 Verwaltungsakte).

Die Kläger beantragten bei der Beklagten am 24.02.2016 Elterngeld ua in Form von Basiselterngeld vom 1. bis 8. Lebensmonat (nur die Klägerin zu 2), Partnerschaftsbonus für den 9. bis 12. Lebensmonat (20.09.2016 bis 19.01.2017, beide Elternteile) sowie Elterngeld Plus vom 13. bis 16. Lebensmonat (Kläger zu 1) bzw. 13. bis 20. Lebensmonat (Klägerin zu 2).

Mit Bescheid vom 22.03.2016 (Bl 132 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte der Klägerin zu 2) Elterngeld vorläufig im Hinblick auf das noch nicht abschließend ermittelbare Einkommen nach der Geburt sowie die Ungewissheit über die Voraussetzungen der Partnerschaftsbonusmonate.

Mit Bescheid vom 04.04.2016 (Bl 140 Verwaltungsakte) bewillige die Beklagte dem Kläger zu 1) Elterngeld Plus für den 13. bis 16. Lebensmonat (20.01.2017 bis 19.05.2017), lehnte aber den Antrag hinsichtlich der Partnerschaftsbonusmonate 20.09.2016 bis 19.01.2017 ab und hob den vorläufig zugunsten der Klägerin zu 2) ergangenen Bewilligungsbescheid mit Änderungsbescheid vom 06.04.2016 (Bl 158 Verwaltungsakte) für den 9. bis 12. Lebensmonat auf und berechnete deren Anspruch für den 13. bis 20. Lebensmonat - weiterhin vorläufig - neu.

Hiergegen erhoben der Kläger zu 1) mit Schreiben vom 13.04.2016 und die Klägerin zu 2) mit Schreiben vom 04.05.2016 jeweils Widerspruch, die die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 25.04.2016 (Kläger zu 1, Bl 166 Verwaltungsakte) und 23.06.2016 (Klägerin zu 2, Bl 202 Verwaltungsakte) zurückwies. Der Kläger zu 1) erfülle nicht die gemäß § 4 Abs 4 S 3 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) bei beiden Elternteilen erforderliche Anspruchsvoraussetzung einer Erwerbstätigkeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden. Die Bestimmung der Arbeitszeit in den Partnerschaftsbonusmonaten erfolge nach allgemeinen Vorgaben. Danach dürfe während des Elterngeldbezugs keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt werden (§ 1 Abs 1 Nr 4 BEEG). Nach § 1 Abs 6 BEEG sei eine Person ua nicht voll erwerbstätig, wenn ihre Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteige oder sie eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübe. Der zeitliche Umfang dieser Tätigkeiten bleibe bei der Ermittlung der durchschnittlichen monatlichen Wochenarbeitszeit unberücksichtigt, wenn die Person eine Beschäftigung zur Berufsbildung ausübe. Dies gelte auch für die Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit im Rahmen des Partnerschaftsbonus. Dies führe dazu, dass der Kläger zu 1) mangels Wochenarbeitszeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden in den vier Partnerschaftsbonusmonaten die Anspruchsvoraussetzungen nicht e...

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