Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Guthaben aus Betriebskostenabrechnung. Nichtauszahlung und Aufrechnung mit künftiger Mietzinsforderung durch den Vermieter. Minderung des Unterkunftsbedarfs bzw Anrechnung des Guthabens als Einkommen
Leitsatz (amtlich)
Die Aufrechnung von Guthaben aus Betriebskostenabrechnungen mit Mietforderungen durch den Vermieter lässt den Bedarf für Kosten der Unterkunft nicht entfallen. Vielmehr ist auch in diesem Fall das Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II als Einkommen nach § 22 Abs 3 SGB II zu berücksichtigen.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Juni 2018 insoweit aufgehoben, als der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 18. Mai 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 für den Monat September 2016 aufgehoben worden ist, und wird die Klage insoweit abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem der Beklagte insgesamt 760,41 Euro von der Klägerin zurückfordert.
Die 1959 geborene Klägerin bezieht vom Beklagten seit 01.03.2015 (wieder) Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Klägerin lebt in einer 53 qm großen 3- Zimmer- Wohnung in H.. Vermieterin ist die Stadtsiedlung H. GmbH (im folgenden Vermieterin). Für die Wohnung fielen im streitgegenständlichen Zeitraum monatliche Mietkosten in Höhe von 453,00 Euro an (313,00 Euro Grundmiete zzgl. 70,00 Euro Heizkosten und 70,00 Euro Nebenkosten).
Der Beklagte gewährte der Klägerin auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 14.01.2016 hin mit Bescheid vom 18.01.2016 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03.2016 bis 28.02.2017. Bei der Berechnung der Leistungen wurden neben dem Regelbedarf (404,00 Euro) Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 405,00 Euro (339,00 Euro angemessene Bruttokaltmiete [297,00 Grundmiete plus 42,00 Euro Nebenkosten] plus 66,00 Euro für Heizkosten) berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 13.06.2016 informierte die Vermieterin die Klägerin über die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2015. Die Klägerin habe insgesamt Vorauszahlungen in Höhe von 1.680,00 Euro geleistet. Zu zahlen seien allerdings nur 823,86 Euro, so dass ein Guthaben in Höhe von 856,14 Euro entstanden sei. Im Monat August sei daher keine Miete zu zahlen, die restliche Gutschrift werde in den kommenden Monaten verrechnet. Diese Abrechnung legte die Klägerin der Beklagten erst am 19.01.2017 vor.
Der Beklagte hörte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 24.01.2017 zu einer Überzahlung an. Die Gutschrift aus der Betriebskostenabrechnung in Höhe von 856,14 Euro sei mindernd auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung anzurechnen. Man beabsichtige daher die Leistungsgewährung für den Monat Juli 2016 in Höhe von 405,00 Euro und für August 2016 in Höhe von 355,14 Euro aufzuheben und die Erstattung von insgesamt 760,14 Euro zu verlangen. Man beabsichtige ferner, diese Summe im Wege der Aufrechnung in Höhe von 30 Prozent des maßgeblichen Regelsatzes monatlich einzubehalten.
Die Klägerin teilte im Rahmen der Anhörung mit, dass sie das Geld für dringende Sachen wie eine Brille, Zahnreparatur und Schulden verwendet habe.
Mit Bescheid vom 09.02.2017 hob der Beklagte daraufhin den Bescheid vom 19.01.2016 teilweise auf. Für den Monat Juli 2016 habe die Klägerin keinen Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung und im Monat August 2016 nur noch in Höhe von 49,86 Euro. Die Bewilligung sei daher in Höhe von insgesamt 760,14 Euro aufzuheben, wobei 405,00 Euro auf den Monat Juli 2016 und 355,14 Euro auf den Monat August 2016 entfielen. Die Aufhebung erfolge, weil die Klägerin grob fahrlässig die Gutschrift aus der Betriebskostenabrechnung nicht gemeldet habe. Gutschriften minderten aber nach § 22 Abs. 3 SGB II den Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung ab dem Folgemonat der Gutschrift. Die Klägerin habe ihre Mitteilungspflicht auch grob fahrlässig verletzt. Die zu erstattenden Leistungen rechne man ihn Höhe von monatlich 30 Prozent der Regelleistung auf. Ab 01.03.2017 würden daher 122,70 Euro einbehalten.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und begehrte im Wesentlichen eine niedrigere Rückzahlungsrate.
Mit Bescheid vom 27.03.2017 änderte der Beklagte den Bescheid vom 09.02.2017 dahingehend ab, dass im August 2016 noch ein Anspruch auf KdU in Höhe von 113,86 Euro bestanden habe. Es seien daher für diesen Monat 291,14 Euro zurückzuerstatten. Für den Monat Juli 2016 bleibe es bei der Aufhebung aus dem Bescheid vom 09.02.2017. Die Aufrechnung beginne nun am 01.04.2017.
Mit Bescheid vom 24.04.2017 hob der Beklagte den Bescheid vom 09.02.2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 27.03.2017 auf. Der bereits einbehaltene Betrag in...