Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht. Werbeagentur in der Rechtsform der OHG
Leitsatz (amtlich)
Aufträge an eine in der Rechtsform der OHG geführte Werbeagentur führen nicht zur Abgabepflicht nach dem KSVG.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. April 2010 und der Bescheid der Beklagten vom 08. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Juli 2009 aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren L 4 R 2556/10 endgültig auf € 42.791,24 festgesetzt.
Tatbestand
Streitgegenstand ist die Erhebung der Künstlersozialabgabe durch die Beklagte für von der Klägerin für Werbung gezahlte Entgelte für die Zeit vom 01. Januar 2003 bis 31. Dezember 2008 in Höhe von € 42.791,24.
Die Klägerin, 1947 gegründet, betreibt als Familienunternehmen in der dritten Generation in der Rechtsform der GmbH & Co KG ein Unternehmen zur Herstellung von Damenoberbekleidung mit 51 bis 100 Mitarbeitern. Zur Erstellung von Werbedrucksachen, Kollektionsheften, Katalogen, Plakaten, Messefahnen, Internet-Auftritten und weiteren Werbemitteln beauftragte die Klägerin die B., K. & Co Werbeagentur GWA (im Folgenden: Werbeagentur), die - 1991 gegründet - in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft, ab 06. März 2007 unter der Firma B. K. J. Werbeagentur OHG, ab 26. Februar 2008 b. OHG und seit 10. Februar 2010 in geänderter Rechtsform unter der Firma b. KG tätig ist. Die Werbeagentur stellte Rechnungen, in denen u. a. eine Service fee von 10 % für von ihr beauftragte selbständige Leistungserbringer enthalten war, die im Übrigen ihre Rechnungen direkt an die Klägerin adressierten, so der Werbefotograf K. (im Folgenden: K.), die U. GmbH (im Folgenden: U. GmbH). Für die Dienste des K. stellte die Werbeagentur der Klägerin Abgaben zur Künstlersozialversicherung in Rechnung, die sie an die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen weiterleitete. Außerdem waren in den Rechnungen der Werbeagentur Nebenkosten ausgewiesen, beispielsweise für Druck, Reise- und Übernachtungskosten, Kurierdienste, Catering. Unabhängig von der Werbeagentur und ohne von dieser in Rechnung gestellte Service fee stellte die H. L. Public Relations GmbH (im Folgenden: L. GmbH) Rechnungen für Produktionskostenzuschüsse für TV-Sendungen im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR).
Die Beklagte führte bei der Klägerin vom 25. August 2008 bis 06. April 2009 eine Betriebsprüfung hinsichtlich der Zahlung der Künstlersozialabgabe durch. Mit Schreiben vom 14. Februar 2009 legte die Klägerin der Beklagten Unterlagen über die im Jahr 2003 für Werbung geleisteten Zahlungen vor. Auf dem Anmelde- und Erhebungsbogen zur Prüfung der Abgabepflicht und der Höhe der Abgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) vom 12. März 2009 gab die Klägerin an, Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für das Unternehmen durch Werbeagenturen zu leisten, denen laufend oder in regelmäßiger Wiederkehr Aufträge erteilt würden, und legte mit Schreiben vom 30. März 2009 Unterlagen für die Jahre 2003 bis 2007 vor.
Mit Bescheid vom 08. April 2009 stellte die Beklagte die Abgabepflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz fest und forderte Abgaben in Höhe von € 42.791,24 nach. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei Eigenwerber nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG, weil sie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe, indem sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile. Der Berechnung legte die Beklagte die vorgelegten Unterlagen zugrunde und schätzte für das Jahr 2008 die Abgabepflicht aus der Berechnungsgrundlage für 2007. Die Abgabe belief sich für das Jahr 2003 auf € 5.071,59 aus einer Entgeltsumme von € 133.463,-- bei dem damals geltenden Abgabesatz von 3,8 v.H.; für das Jahr 2004 € 4.697,19 aus einer Entgeltsumme von € 109.237,-- und einem Abgabesatz von 4,3 v.H.; für das Jahr 2005 € 6.537,53 aus einer Entgeltsumme von € 112.716,-- und einem Abgabesatz von 5,8 v.H.; für das Jahr 2006 € 6.553,42 aus einer Entgeltsumme von € 119.153,-- und einem Abgabesatz von 5,5 v.H.; für das Jahr 2007 € 10.165,07 aus einer Entgeltsumme von € 199.315,-- und einem Abgabesatz von 5,1 v.H. sowie für das Jahr 2008 aufgrund einer Schätzung € 9.766,44 aus einer geschätzten Entgeltsumme von € 199.315,-- und dem Abgabesatz von 4,9 v.H.. Die Schätzung sei vorgenommen worden, weil keine monatlichen Vorauszahlungen ab 04. März 2008 von der Klägerin geleistet worden seien.
Die Klägerin erhob hiergegen am 27. April 2009 Widerspruch und trug zur Begründung vor, es sei verfassungswidrig, sie als Eigenwerber zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen sowie die Abgabepflicht auf Aufträge an natürliche Personen und Personengesellschaften zu beschränken. Ihre Auftragnehmer se...