Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenkassenwahlrecht. Sozialhilfeempfänger. Wahlrecht nur zu Beginn der Leistung. kein späterer Wechsel der Krankenkasse. Ungleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Empfänger von Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII haben lediglich bei Beginn des Leistungsbezugs das Recht, eine Krankenkasse zu wählen, nicht aber das Recht zu einer Kündigung oder zu einem späteren Wechsel der Krankenkasse.
Normenkette
SGB V § 175 Abs. 4, § 264 Abs. 2-3; GG Art. 3 Abs. 1; SGG § 55
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte seit dem 1. Januar 2013 verpflichtet ist, seine Krankenbehandlung nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sicherzustellen.
Der 1942 geborene Kläger bezieht seit mehreren Jahren von der Beigeladenen zu 2) Leistungen nach dem Vierten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Seine Krankenbehandlung wurde seit Beginn des Leistungsbezugs entsprechend der Wahl des Klägers im Auftrag der Beigeladenen zu 2) durch die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1), der damaligen Gmünder Ersatzkasse (GEK), und ab deren Fusion mit der damaligen Barmer Ersatzkasse (BEK) zur Beigeladenen zu 1) zum 1. Januar 2010 durch diese sichergestellt.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 meldete die Beigeladene zu 2) den Kläger nach § 264 Abs. 2 SGB V bei der Beklagten an. Der Kläger stellte parallel hierzu am 23. Oktober 2012 einen Antrag auf eine freiwillige Mitgliedschaft ab dem 1. Januar 2013. Mit Bescheid vom 5. November 2012 lehnte die Beklagte den Krankenkassenwechsel zu ihr ab. Betreute Sozialhilfeempfänger nach § 264 SGB V würden bei ihrem Sozialhilfeträger eine Krankenkasse für die auftragsweise Leistungserbringung wählen. Während des Leistungsbezugs sei er an die Wahl der Krankenkasse gebunden und könne die gewählte Krankenkasse nicht wechseln.
Der Kläger erhob Widerspruch. Dadurch, dass ihm als Sozialhilfeempfänger die Möglichkeit genommen werde, die Krankenkasse zu wechseln, werde er diskriminiert. Es gebe keinen Grund, einen Kassenwechsel zu verbieten. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Ein Krankenkassenwechsel sei nicht möglich. Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit des Kassenwahlrechts nur für den Personenkreis der Versicherungspflichtigen und der Versicherungsberechtigten vorgesehen. Der Kläger gehöre als Hilfeempfänger nach § 264 SGB V nicht zu diesem Personenkreis. Er habe nur bei Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB XII eine Krankenkasse wählen können, welche für die gesamte Dauer des Leistungsbezugs für die Übernahme der Krankenbehandlung zuständig sei.
Am 7. Mai 2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führte er aus, er habe im Jahr 2004 die GEK als Krankenkasse gewählt, die am 1. Oktober 2010 (gemeint: 1. Januar 2010) von der BEK “geschluckt„ worden sei, was er nicht habe vorhersehen können. Für Sozialhilfeempfänger sei eine Sonderabteilung eingerichtet worden, die kritikwürdig agiere. Die Beigeladene zu 1) habe er nie gewollt, da bekannt sei, dass diese gegen die Aufnahme benachteiligter Bevölkerungsgruppen gerichtlich vorgehe und dadurch die Diskriminierung auf die Spitze treibe. Hierzu passe die Einrichtung einer Sonderstelle für alle Benachteiligten in Zwickau. Auch wenn man § 264 SGB V unterworfen sei, müsse ein Wechsel der Krankenkasse möglich sein, was von der Beigeladenen zu 2) bestätigt worden sei. Der Kläger legte ein Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 20. Dezember 2012 vor, in dem diese dem Kläger mitteilte, nach einer telefonischen Rücksprache sei ein Wechsel zur Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) möglich.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Die mit Beschluss vom 11. Juni 2013 Beigeladenen ließen sich zur Sache nicht ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 8. Juli 2013 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht ihre Leistungszuständigkeit für den Kläger ab dem 1. Januar 2013 verneint, da ein Krankenkassenwechsel nicht möglich sei. Wie sich aus § 175 Abs. 4 SGB V ergebe, stünde ein Krankenkassenwahlrecht während laufender Kassenzugehörigkeit nur versicherungspflichtigen bzw. -berechtigten Krankenkassenmitgliedern zu. Empfänger von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapital des SGB XII seien nach § 264 Abs. 3 SGB V jedoch nicht versicherte Mitglieder, sondern lediglich Empfänger von Krankenbehandlungsleistungen. Diese hätten lediglich zu Beginn der Krankenbehandlungsleistungen das Recht zur Wahl einer Krankenkasse. Dieses Wahlrecht habe der Kläger im Jahr 2004 ausgeübt. Der Ausschluss der Möglichkeit eines Krankenkassenwechsels für Sozialhilfeempfänger verstoße auch nicht gegen Art. 3 Grundgesetz (GG), da der Gesetzge...