Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Kommunikationshelferin für hörbehinderte Schüler. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur selbstständigen Tätigkeit einer Kommunikationshelferin für hörbehinderte Schüler.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. März 2015 aufgehoben.
Der Bescheid der Beklagten vom 19./20. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf € 8.468,55 festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin im Gesamtzeitraum vom 21. Juni 2004 bis zum 1. August 2008 sowie um die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagen in Höhe von insgesamt € 3.468,55 auf Grund der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 1. August 2008.
Die Klägerin ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt ein Berufsförderungswerk und bietet unter anderem Schulungen und Lehrgänge an. Die Beigeladene zu 1) ist am 1978 geboren. Zwischen 1998 und dem 31. März 2006 absolvierte sie ein Studium. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten krankenversichert.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) schlossen am 14. Juni 2004 einen schriftlichen Vertrag über einen Lehrauftrag, in dem die Klägerin als Auftraggeber und die Beigeladene zu 1) als freie Mitarbeiterin bezeichnet wird. Der Vertrag hat unter anderem folgenden Wortlaut:
§ 1 Lehrauftrag
Die Freie Mitarbeiterin erhält einen Lehrauftrag für den Zeitraum vom 21.06.2004 - 23.12.2004 ausschließlich für die Lehrveranstaltung: Sonderpädagogik Hörbehinderte (Kursnummer: ...)
Die Vertragsparteien sind sich ausdrücklich darüber einig, dass diese Vereinbarung unter der auslösenden Bedingung steht, dass sich bis 10 Tage vor Beginn der Lehrveranstaltung mindestens 8 Teilnehmer verbindlich angemeldet haben. Sollte dies nicht der Fall sein, werden die Reglungen dieser Vereinbarung gegenstandslos und beide Parteien von ihren Verpflichtungen frei. In diesem Falle wird der Auftraggeber die Freie Mitarbeiterin unverzüglich informieren.
Die Parteien machen die der Freien Mitarbeiterin bei Vertragsunterzeichnung vorgelegten bzw. schon bekannten, dem Lehrauftrag zugrunde liegenden Ordnungsmittel (Ausbildungsrahmenplan, Stundentafel, Prüfungsordnung) ausdrücklich zum Gegenstand dieser Vereinbarung. Sie bestimmen und konkretisieren über die in dieser Vereinbarung getroffenen Regelungen hinaus den Inhalt der geschuldeten Dienstleistung.
Der Lehrauftrag der Freien Mitarbeiterin umfasst im Rahmen ihrer ordnungsgemäßen Wahrnehmung auch die Durchführung von Klassenarbeiten, Klausuren, Hauarbeiten, Prüfungen usw. durch, soweit dies zur Erreichung des Unterrichtszieles erforderlich ist.
§ 2 Ort und Dauer der Lehrveranstaltung
Die Lehrveranstaltungen werden mit 15 Wochenstunden im Bereich:
Medizinische Laborberufe
durchgeführt.
Die genaue zeitliche Festlegung der Tätigkeit der Freien Mitarbeiterin wird durch den Fachleiter in der Vereinbarung [...] in Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen dokumentiert. Änderungen bedürfen einer einvernehmlichen Änderungsvereinbarung sowie der schriftlichen Fixierung. Soweit mit der Unterrichtstätigkeit zwangsläufig zusammenhängende Nebenarbeiten, wie z.B. Führung des Klassen-/Kursbuches, Erfassung der Teilnehmer, Entgegennahme von Entschuldigungen sowie deren Weitermeldung; Vorbereitung, Abnahme und Auswertung/Korrektur von planmäßigen Prüfungen/Arbeiten, Teilnahme an Noten-/Prüfungskonferenzen, anfallen, verpflichtet sich die Freie Mitarbeiterin, auch diese zu übernehmen. Sollten solche Arbeiten/Termine außerhalb der vereinbarten Einsatzzeiten der Freien Mitarbeiterin liegen, kann dieser im Wege der Absprache mit seinen Kolleginnen und Kollegen seine Terminwünsche einbringen. Die Terminfestlegung erfolgt sodann nicht durch den Auftraggeber[,] sondern durch das Kollegium. Der Freien Mitarbeiterin steht es frei, vom Auftraggeber gestellte Arbeits- und sonstige Hilfsmittel (Lehrbücher, Kopierer, Sprachlabor, Laborplätze usw.) zu benutzen, soweit dies nicht ohnehin zum Erreichen des Unterrichtszieles erforderlich ist. Aus organisatorischen Gründen ist eine rechtzeitige Abstimmung mit den zuständigen Mitarbeitern des Auftraggebers nötig.
§ 3 Honorar
Die Freie Mitarbeiterin erhält für ihre Dienstleistung ein Stundenhonorar in Höhe von 20,00 € je tatsächlich geleisteter Unterrichtsstunde. Hiermit sind auch alle im Zusammenhang mit dem Lehrauftrag stehenden Nebenarbeiten (vgl. § 2) abgegolten. Das vereinbarte Honorar wird jeweils zum 20. der ungeraden Monate fällig und ist bargeldlos auf das Konto:
[…]
der Freien Mitarbeiterin zu überweisen.
§ 4 P...