Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Musikgarten-Lehrerin. musikalische Früherziehung von Babys und Kleinkindern. Lehre von Kunst
Leitsatz (amtlich)
Die Tätigkeit als "Musikgarten-Lehrerin" ist Lehre von Kunst iS des § 2 S 1 KSVG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. November 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die 1956 geborene Klägerin ist gelernte Industriekauffrau und war in diesem Beruf etwa 20 Jahre tätig, bevor sie 1998 in Elternzeit ging. Sie spielt seit Kindesbeinen Akkordeon und hatte auch elf Jahre lang Klavierunterricht. Über eine musikalische Fachausbildung verfügt sie nicht. Im Jahr 2005 absolvierte sie an insgesamt sechs Wochenenden Lehrgänge des “Musikgarten - Institut für elementare Musikerziehung„ zu den Themen “Musikgarten für Babys„ (0 bis 18 Monate, 1 ½ bis 3-jährige sowie 3 bis 4 ½-jährige Kinder) und “Klangstraße 1„ (Weiterbildungsseminar, 4 bis 6-jährige Kinder).
Die Klägerin leitet seit Oktober 1999 die Gruppenstunden der musikalischen Früherziehung (Melodika) des Akkordeonrings 1963 W. e. V., zunächst ehrenamtlich, seit 16. Mai 2005 erhält sie hierfür eine monatliche Pauschale von 82 €. Dort sowie beim Harmonikaspielring Leopoldshafen 1962 e. V. und bei der Musikvereinigung R. bietet sie zudem seit Herbst 2005 Musikgarten-Kurse an, an denen Kinder im Alter von 6 Monaten bis 1 ½ Jahren, von 1 ½ bis 3 Jahren und von 3 bis 4 ½ Jahren teilnehmen. Die Teilnehmerzahl steigerte sich von acht Kindern im Frühjahr 2005 auf insgesamt 101 Kinder im Frühjahr 2008. Die Klägerin erteilt den Musikgartenunterricht teilweise im Auftrag des Vereins, teilweise bestehen unmittelbare vertragliche Beziehungen mit den Eltern der Kinder. Für die Kurse hat die Klägerin von der Gemeinde auch einen Raum angemietet. Die Klägerin geht von Einkünften in Höhe von ca. 10.000 € in 2008 aus.
Die Musikgarten-Kurse, wie sie die Klägerin anbietet, dauern jeweils 30 Minuten, für Kinder ab 3 Jahren 45 Minuten. Die Eltern sind anwesend. Zu Anfang des Kurses wird ein Begrüßungslied gesungen, anschließend werden so genannte Kniereiter (“Hoppe hoppe Reiter„), Fingerspiele und so genannte Großbewegungen (Schaukeln und freie Bewegungen, insbesondere auf dem Arm des Elternteils) durchgeführt. Mit Hilfe von Versen und der Berührung von Körperteilen der Kinder soll Körpererfahrung erlernt werden. Wenn die Kinder nach ihrem Alter hierzu noch nicht in der Lage sind, wird das Singen und Sprechen weitgehend von den anwesenden Eltern übernommen. Bei so genannten Echospielen wird ein einfaches Muster sprachlicher Art oder ein Rhythmus vorgegeben, den die Kinder, z. B. durch Patschen auf die Oberschenkel, nachmachen, um so Rhythmusgefühl erlangen. Den anwesenden Eltern werden Wiegenlieder und so genannte Bewegungslieder gelehrt, die sie zu Hause einsetzen können. Es werden Tierlaute, klassische Musik oder sonstige Klänge vorgespiegelt, die bewusst und konzentriert gehört und von den Kindern imitiert werden. In der Altersstufe ab 1 ½ Jahren werden die Kinder durch vermehrte Bewegungsspiele und durch Singen verstärkt eingebunden. Durch das Vorspielen so genannter Klanggeschichten wird eine bestimmte Musik einem Geschehen zugeordnet, z. B. dem Besuch eines Spielplatzes, das die Kinder wiedererkennen und pantomimisch umsetzen. In der Altersstufe ab 3 Jahren entwickelt sich dies erneut fort. Den Klanggeschichten werden so genannte Bildpartituren zugeordnet, deren Elementen die Kinder eine bestimmte Musik zuordnen. Außerdem wird eine spezielle Rhythmussprache erlernt, werden Melodiespiele für einfache Lieder mit so genannten Klangstäben und Tänze durchgeführt. Zum Ende des Kurses wird wieder ein Lied gesungen.
Am 6. Januar 2006 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten als Ausbilderin im Bereich Musik und bat um Feststellung ihrer Versicherungspflicht nach dem KSVG. Sie gab an, die Musikgarten-Lizenz werde nur auf Zeit erteilt und es sei für sie selbstverständlich, sich durch den Besuch von Ergänzungsseminaren in regelmäßigen Abständen fortzubilden, um immer auf dem neuesten Wissensstand zu sein und Lizenzinhaberin zu bleiben.
Mit Bescheid vom 30. März 2006 und Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2006 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Ihre Tätigkeit könne nicht als künstlerisch/publizistisch angesehen werden. Es liege auch keine “Lehre von Musik„ vor, da wegen Fehlens einer hinreichenden musikalischen bzw. musikalischpädagogischen Qualifikation davon auszugehen sei, dass keine nennenswerten Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten zur Musikausübung vermittelt würden und die Tätigkeiten im Wesentlichen in eine...