Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2109. haftungsbegründende Kausalität. Wahrscheinlichkeit. wesentliche Ursache. mehrsegmentaler Befall der Halswirbelsäule. Konkurrenzursache. innere Ursache. mono- beziehungsweise bisegmentaler Befall der Halswirbelsäule. besondere Betroffenheit der unteren Halswirbelsäulen-Segmente
Leitsatz (amtlich)
Für die Anerkennung eines wesentlich ursächlichen Zusammenhangs im Sinne der Berufskrankheit nach Nr 2109 der Anlage 1 zur BKV ist ein mehrsegmentaler Befall der Halswirbelsäule zu fordern, während ein mono- beziehungsweise bisegmentaler Befall der Halswirbelsäule bei besonderer Betroffenheit der unteren Halswirbelsäulen-Segmente von einer Bandscheibenerkrankung aus innerer Ursache auszugehen ist.
Normenkette
SGB VII § 9 Abs. 1 Sätze 1-2; Anl. 1 BKV Nr. 2109
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. April 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) streitig.
Der im Jahr 1956 geborene Kläger war nach seinen Angaben vom 05.04.1976 bis zum 31.10.1976 als Stapler- und Lastkraftwagenfahrer, vom 01.11.1976 bis zum 15.04.1977 als Produktionsmitarbeiter, vom 01.06.1977 bis zum 31.12.1979 selbständig im Schrotthandel, vom 21.01.1980 bis zum 06.08.1982 als Lastkraftwagenfahrer, vom 24.01.1983 bis zum 30.04.1983 als Fahrer und Regalservicemitarbeiter, vom 05.09.1983 bis zum 09.01.1984 als Lackierer, vom 09.01.1984 bis Juni 1992 als selbständiger Stückgutunternehmer und von Juni 1992 bis zu einem am 09.03.2011 erlittenen Arbeitsunfall als selbständiger Umzugsspediteur berufstätig.
Der Kläger zeigte unter dem 23.09.2013 den Verdacht auf eine Berufskrankheit an. Er legte von ihm ausgefüllte Fragebögen zu seinen Wirbelsäulenbeschwerden und -belastungen während seinen beruflichen Tätigkeiten sowie diverse ärztliche Unterlagen, insbesondere das für die Beklagte zur Beurteilung des Arbeitsunfalls erstellte Gutachten des Dr. A., Chefarzt der Chirurgischen Klinik der B.-Kliniken C., vom 17.02.2012 und das für die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg erstellte Gutachten des Internisten und Sportmediziners Dr. D. vom 25.09.2013, vor. Die Beklagte holte bei der für den Kläger zuständigen Krankenkasse ein Vorerkrankungsverzeichnis sowie bei dem für den Kläger zuständigen Rentenversicherungsträger eine Übersicht über seine Arbeitgeber ein. Ferner zog die Beklagte weitere ärztliche Unterlagen und diverse radiologische Befunde, insbesondere in Bezug auf die am 08.12.2011 im Zentrum für Radiologie und Nuklearmedizin C. durchgeführte magnetresonanztomografische Untersuchung der Halswirbelsäule, bei.
Die (Unfall-)Chirurgin Dr. E. führte in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 05.05.2014 aus, beim Tragen schwerer Lasten auf den Schultern komme es zu einer gleichmäßigen Belastung der gesamten Halswirbelsäule, so dass ein altersvorauseilender, mehrsegmentaler Verschleißumbau zu erwarten sei. Dies sei im konkreten Fall nicht gegeben, da die magnetresonanztomographische Untersuchung der Halswirbelsäule vom 08.12.2011 lediglich eine hochgradige Osteochondrose Grad II mit Bandscheibenvorfall im Segment C5/6 und erheblichen knöchernen Randkantenanbauten mit Einengung des Spinalkanals und einen kleinen Bandscheibenvorfall im Segment C4/5 ergeben habe.
Mit Bescheid vom 26.06.2014 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV und Ansprüche auf Leistungen ab. Sie führte zur Begründung aus, ein mono- oder bisegmentaler Befall der unteren Halswirbelsäulen-Segmente ohne Spuren der Belastung in anderen Halswirbelsäulen-Segmenten spreche gegen einen beruflichen Zusammenhang. Beim Kläger bestehe eine hochgradige Osteochondrose Grad II mit Bandscheibenvorfall im Segment C5/6. Außerdem lägen erhebliche knöcherne Randkantenanbauten mit Einengung des Spinalkanals in diesem Bereich vor. Im Segment C4/5 sei ein kleinerer Bandscheibenvorfall nachweisbar. Die übrigen Segmente kämen unauffällig zur Darstellung. Bei dieser Befundkonstellation handele es sich um Veränderungen, die insgesamt anlagebedingt entstanden und nicht auf berufliche Ursachen zurückzuführen seien, da das für einen beruflich bedingten Überlastungsschaden zu fordernde Schadensbild eines dem altersüblichen Zustand vorauseilenden Verschleißzustandes an drei Segmenten nicht nachzuweisen sei.
Im Widerspruchsverfahren führte Dr. E. in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 05.09.2014 vertiefend aus, beim Tragen schwerer Lasten auf den Schultern komme es zu einem Anspannen der Nacken- und Halsmuskulatur. Dies führe zu einer erhöhten Druckbelastung aller Bandscheiben der Halswirbelsäule. Bei einer wesentlichen Teilursache der beruflichen Belastung sollten deshalb Spuren der beruflichen Belastung in me...