Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einseitige Erledigungserklärung. kostenpflichtiges Verfahren. Anwendbarkeit der zu § 161 Abs 2 VwGO entwickelten Rechtsgrundsätze über die Erledigungsfeststellungsklage. Streitwertfestsetzung. vertragsärztliche Versorgung
Leitsatz (amtlich)
Bei einseitiger Erledigungserklärung des Klägers (und fehlender Erledigungserklärung des Beklagten) finden in kostenpflichtigen sozialgerichtlichen Verfahren die zu § 161 Abs 2 VwGO entwickelten Grundsätze über die Erledigungsfeststellungsklage entsprechend Anwendung.
Orientierungssatz
Zur Streitwertfestsetzung in einem Erledigungsfeststellungsstreit nach einseitiger Erledigungserklärung des Klägers in einem Streit über die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit ausschließlich psychotherapeutischen Leistungen nach Abhilfe durch die Beklagte.
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit L 5 KA 352/09 erledigt ist.
Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird (unter Abänderung des Streitwertfestsetzungsbeschlusses des Sozialgerichts Stuttgart vom 16.3.2005 (S 5 KA 532/05 W-A) für beide Rechtszüge auf 99.746,40 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten stritten ursprünglich darüber, ob der Kläger als Facharzt für Psychiatrie mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung ausschließlich für psychotherapeutische Leistungen mit Vertragsarztsitz St., Planungsbereich Stadtkreis St., zuzulassen war; nachdem der Kläger eine entsprechende Zulassung erhalten hatte, wird der Rechtsstreit als so genannter “Erledigungsfeststellungsstreit„ fortgeführt.
Der 1961 geborene Kläger wurde am 1.7.1992 als Arzt approbiert. Mit Urkunde vom 24.7.1997 verlieh ihm die Landesärztekammer Baden-Württemberg die Anerkennung als Facharzt für Psychiatrie. Seit dem 22.1.2002 verfügt der Kläger über die Anerkennung im Bereich “Psychotherapie„ und seit dem 18.11.2002 auch im Bereich “Psychoanalyse„. Er ist seit dem 22.10.1997 im Arztregister der Beigeladenen Nr. 1 eingetragen.
Am 17.7.2002 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss für Ärzte im Bezirk der Beigeladenen Nr. 1 (ZA), ihn zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung für ausschließlich psychotherapeutische Leistungen mit Vertragsarztsitz im Planungsbereich Stadtkreis St. zuzulassen; der Mindestversorgungsanteil von 40 v. H. für psychotherapeutisch tätige Ärzte sei noch nicht ausgeschöpft und es bestehe ein besonderer Versorgungsbedarf.
Der ZA führte Ermittlungen durch und lehnte sodann den Zulassungsantrag mit Bescheid vom 12.3.2003 (Beschluss vom 11.12.2002) ab. Im Planungsbereich Stadtkreis St. bestünden Zulassungsbeschränkungen für Psychotherapeuten wegen Überversorgung; die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung nach den Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BPIRÄ) seien nicht erfüllt. Der für ärztliche und nichtärztliche Psychotherapeuten vorzuhaltende Versorgungsanteil von jeweils 40 % sei zwar nicht ausgeschöpft, jedoch verfüge der Kläger nicht über eine Anerkennung als Facharzt für psychotherapeutische Medizin.
Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers stellte der Beklagte weitere Ermittlungen an und hob den Bescheid des ZA sodann mit Bescheid vom 22.3.2004 (Beschluss vom 17.12.2003) aus verfahrensrechtlichen Gründen auf; der Zulassungsantrag des Klägers wurde erneut abgelehnt.
Am 4.5.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart, die das Sozialgericht mit Urteil vom 27.1.2005 abwies. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Psychiatrie zur Erbringung ausschließlich psychotherapeutischer Leistungen bzw. auf Neubescheidung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 12.03.2003.
Auf das ihm am 1.2.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 1.3.2005 Berufung eingelegt (Verfahren L 5 KA 846/05). In der Berufungsschrift sind die Beigeladene Nr. 1 als Beklagte und das Urteil des Sozialgerichts vom 1.2.2005 mit Datum und Aktenzeichen bezeichnet. Der Berufungsschrift war außerdem das angefochtene Urteil des Sozialgerichts in Kopie beigefügt. Insoweit hat der Beklagte geltend gemacht, die Berufung sei unzulässig. Sie habe sich (ursprünglich) gegen die Beigeladene Nr. 1 und nicht gegen ihn als (als richtigen Beklagten) gerichtet. Bei einem etwaigen Beteiligtenwechsel wäre die Berufungsfrist versäumt. Der Kläger hat hierzu eingewandt, in der Berufungsschrift sei die Beigeladene Nr. 1 nur versehentlich als Beklagte bezeichnet worden. Dies müsse unschädlich sein, da der Berufungsschrift das angefochtene Urteil (mit der richtigen Beklagtenbezeichnung) beigefügt und damit klar erkennbar gewesen sei, gegen wen sich die Berufung richten solle.
Im Hinblick auf ein beim Sozialgericht unter dem Aktenzeichen S 5 KA 8173/04 anhängiges Parallelverfahren, das als Musterverfahren ...