Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütung für im Rahmen häuslicher Krankenpflege erbrachter Leistungen (hier: intermittierende transurethrale Einmalkatheterisierung). Preisvereinbarung nach § 132a Abs 2 SGB 5. sozialgerichtliches Verfahren. Entscheidung der Schiedsperson ist kein Schiedsvertrag, sondern Schiedsgutachten. fehlende Entscheidung. keine Abweisung der Klage als unbegründet, wenn es keiner Leistungsbestimmung durch Dritte bedarf

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung der Schiedsperson nach § 132a SGB V ist kein Schiedsvertrag, sondern ein Schiedsgutachten.

2. Eine Abweisung der Klage als (zur Zeit oder endgültig) unbegründet wegen fehlender Entscheidung der Schiedsperson kommt nicht in Betracht, wenn es einer Leistungsbestimmung durch Dritte gar nicht bedarf.

3. Sind Preisvereinbarungen in Verträgen nach § 132a Abs 2 SGB V so aufgebaut, dass sich die einzelnen Abrechnungspositionen an der Nummerierung der HKP-Richtlinie (juris: HKPRL) orientieren, werden Leistungen, die der GBA zusätzlich unter einer bestimmten Nummer in die HKP-Richtlinien aufnimmt, nach der Nummer in der Preisvereinbarung vergütet, die der Nummer in den HKP-Richtlinien entspricht.

 

Orientierungssatz

Vergütungsregelungen, die wie vorliegend für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen bzw die Abrechnung mit zahlreichen Pflegediensten vorgesehen sind, sind stets eng nach ihrem Wortlaut, ergänzend noch nach dem systematischen Zusammenhang, auszulegen. Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl LSG Stuttgart vom 26.9.2012 - L 11 KR 883/12 unter Hinweis auf BSG vom 13.12.2001 - B 1 KR 1/01 R = SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG vom 21.2.2002 - B 3 KR 30/01 R = SozR 3-5565 § 15 Nr 1).

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.09.2015 abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 14.499,75 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt 9/10, der Kläger 1/10 der Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Klage- und das Berufungsverfahren wird auf je 15.924,61 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten noch über die Höhe der Vergütung für im Rahmen der häuslichen Krankenpflege zwischen Januar 2009 und Dezember 2012 vom Kläger erbrachte Leistungen der Intermittierenden transurethralen Einmalkatheterisierung (ITEK).

Der Kläger betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Er ist Mitglied des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Landesverband Baden-Württemberg e.V. (DPWV). Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse mit Sitz in Baden-Württemberg und zugleich Landesverband der Ortskrankenkassen in Baden-Württemberg.

Mehrere Wohlfahrtsverbände - darunter der DPWV - haben am 13.11.1990 u.a. mit der Beklagten einen Rahmenvertrag über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (Rahmenvertrag) geschlossen. Der Rahmenvertrag gilt zum einen für die Krankenkassen, die gegenüber ihrem Landesverband schriftlich beigetreten sind, zum anderen für die den Wohlfahrtverbänden angeschlossenen Träger und deren Einrichtungen, soweit diese Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbringen und dem Rahmenvertrag durch schriftliche Erklärung beigetreten sind (§ 1 Abs 2 Rahmenvertrag). Die Vergütung der erbrachten Leistungen richtet sich nach einer ergänzenden Preisvereinbarung (§ 6 Abs 1 S 1 Rahmenvertrag). Für die Zeit ab dem 01.01.2009 galt die Preisvereinbarung vom 30.04.2009, ab dem 01.02.2010 die Preisvereinbarung vom 03.02.2010, ab dem 01.06.2011 die Preisvereinbarung vom 19.05.2011 und ab dem 01.03.2012 die Preisvereinbarung vom 28.09.2012. Darin wurden die Leistungen der Behandlungspflege in vier Leistungsgruppen (I, II, III, IV) eingeteilt. Für jede der Leistungsgruppen hatten die Vertragspartner einen Preis festgesetzt. Die Zuordnung einer Leistung der Behandlungspflege zu einer bestimmten Leistungsgruppe sollte sich aus der Anlage 1 zur Preisvereinbarung ergeben (Ziff 1). Die Anlage 1 zur Preisvereinbarung enthält für die Jahre 2009 bis 2012 folgende Regelungen: Leistungsgruppe III, Nr 3.6, Nr der Leistungsbeschreibung gemäß Richtlinien § 92 SGB V: 23, Katheterisierung der Harnblase; Einmalkatheterisierung als Schulungsmaßnahme.

Zur Ergänzung des Rahmenvertrags haben u.a. der DPWV sowie die Beklagte am 10.10.2007 eine Schiedsordnung gemäß § 132a Abs 2 SGB V vereinbart. Die Schiedsperson ist danach zuständig für Entscheidungen über die Regelungen gemäß § 132a Abs 2 SGBV (§ 11 der Vereinbarung). Die Einleitung des Schiedsverfahrens ist in § 7 der Vereinbarung geregelt.

Durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19.12.2006 wurde die Leistung “Intermittierende transurethrale Einmalkatheterisierung bei neurogener Blasenentleerungsstörung oder myogener chronischer Restharnbildung„ zusätzlich unter Nr 23 in die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung v...

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