Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdienstausfall auf Grund einer Maßnahme der Heilbehandlung. Heilbehandlungsmaßnahme gem § 63 SGB 1. keine Erstattung gem § 65a SGB 1. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. zuständiges Gericht im Berufungsverfahren gem § 17a Abs 5 GVG. Ansprüche gem § 839 BGB iVm Art 34 GG. unterlassener Hinweis des Leistungsträgers. Rechtswidrigkeit früherer Erstattungen
Leitsatz (amtlich)
1. Verdienstausfall auf Grund einer Maßnahme der Heilbehandlung kann nicht nach § 65a SGB 1 erstattet werden.
2. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann nicht zur Erstattung von Verdienstausfall für die Durchführung einer Heilbehandlungsmaßnahme führen, für die es keine sozialrechtliche Rechtsgrundlage gibt.
3. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht nach § 17a Abs 5 GVG auch über Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art 34 GG), wenn das Sozialgericht unter Verstoß gegen § 17 Abs 2 S 2 GVG ausdrücklich oder konkludent über solche Ansprüche entschieden hat.
4. Ein Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art 34 GG) auf Grund eines unterlassenen Hinweises darauf, dass vorangegangene Erstattungen für Verdienstausfall nicht erneut gewährt werden, besteht allenfalls dann, wenn dem Leistungsträger vor der Entstehung der zu erstattenden Kosten bewusst wird oder bewusst werden muss, dass die früheren Erstattungen rechtswidrig waren.
Orientierungssatz
Zu den Voraussetzungen einer Heilbehandlung gem § 63 SGB 1.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt noch die Erstattung von Verdienstausfall im Zusammenhang mit einer b. Heilbehandlung.
Der 1963 geborene Kläger ist als angestellter Kfz-Mechaniker berufstätig. Am 10. Mai 2013 verletzte er sich während der Arbeit mit einem Schraubendreher an der linken Hand (Durchgangsarztbericht Prof. Dr. S. vom 13. Mai 2013). Er wurde bis zum 22. Mai 2013 in der b. Klinik T. stationär behandelt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. und Dr. W., eingegangen bei der Beklagten am 23. Mai 2013). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17. Juli 2013 eine Belastungserprobung (stufenweise Wiedereingliederung) ab dem 29. Juli 2013. In dieser Zeit bezog der Kläger von seiner Krankenkasse, der A. Baden-Württemberg, zu Lasten der Beklagten Verletztengeld. Die Maßnahme wurde einmal verlängert. Ab dem 26. August 2013 war der Kläger wieder arbeitsfähig (vgl. Zwischenbericht von Prof. Dr. S. vom 26. August 2013). Nach einer erneuen Operation - eines posttraumatischen Karpaltunnelsyndroms (CPS) an der linken Hand - am 29. Oktober 2013 (Zwischenbericht von Dr. M. vom 31. Oktober 2013) absolvierte der Kläger bis zum 5. Januar 2014 erneut eine Belastungserprobung. In dieser Zeit bezog er zunächst nur Krankengeld, weil unklar war, ob das CPS unfallbedingt war.
Die Beklagte ließ über den Kläger bei Prof. Dr. F., Bundeswehrkrankenhaus U., ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten über die Unfallfolgen erstellen. Sie informierte den Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2014 über diese Untersuchung und fügte ein Formular bei, mit dem er die dabei entstehenden Fahrtkosten und Verdienstausfälle zur Erstattung einreichen könne. Die erste Untersuchung bei Prof. Dr. F. fand am 27. März 2014 statt. Am Nachmittag desselben Tages rief der Kläger bei der Beklagten an, teilte mit, dass eine weitere Untersuchung anstehe, und bat um Übersendung “des Formulars für die Erstattung der Fahrkosten und des Verdienstausfalls„. Die Beklagte übersandte den Vordruck - erneut - am selben Tag. Die weitere Untersuchung fand am 30. April 2014 statt. Das Gutachten von Prof. Dr. F. ging am 15. September 2014 bei der Beklagten ein. Ob und ggfs. wann dem Kläger die Fahrtkosten für die beiden Untersuchungstermine erstattet worden sind, kann den Akten der Beklagten nicht entnommen werden.
Die Beklagte gewährte dem Kläger fortlaufend Heilbehandlung in Form von Physiotherapie, Ergotherapie und psychologischer Behandlung zur Verarbeitung der Unfallfolgen. Außerdem erfolgte mehrfach eine schmerztherapeutische Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus U.. Erstmals am 30. Oktober 2014 übersandte der Kläger der Beklagten eine Aufstellung der “angefallenen Arbeitszeitausfälle„ für verschiedene Besuche bei behandelnden Ärzten und einer Ergotherapie-Praxis. Dabei beantragte er konkludent auch die Erstattung von Fahrtkosten, indem er die Entfernungen von seinem Wohnort zu den Orten der Ärzte und des Ergotherapeuten angab. Ob diesem Schreiben der genannte Vordruck beigefügt war, ist nicht zu erkennen. Auf dem Anschreiben findet sich ein handschriftlicher, von einem Mitarbeiter der Beklagten angebrachter Vermerk “erledigt„.
Die Beklagte erhob das ergänzende neurologische von Dr. W., ebenfalls Bundeswehrkrankenhaus U., vom 18. Dezember 2014. Dem lag eine ambulante Untersuchung des Klägers am 17. Dezember 2014 zu Grunde. Ob und ggfs. in welcher Höhe Aufwendungen des Kläge...