Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Anspruchs auf Grundrente neben Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Vertagung nach Zurückweisung eines Bevollmächtigten. Rechtsstellung des Kommunalen Sozialverbands Sachsen. Sozialgerichtliches Verfahren. Verhinderung des Rechtsanwalts am Verhandlungstermin. Vertagungsantrag. Verschulden iS des § 227 ZPO bei zu kurzfristiger Mandatierung. keine Vertagung trotz Zurückweisung eines nicht vertretungsberechtigten Bevollmächtigten im Termin. prozesserfahrener Kläger. Beratungspflicht des mandatierten Rechtsanwalts zur zulässigen Vertretung. soziales Entschädigungsrecht. keine Verfassungswidrigkeit der Ruhensvorschrift des § 65 BVG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch der Anspruch auf Grundrente als Teil der Versorgungsbezüge ruht, wenn wegen desselben Ereignisses mindestens gleich hohe Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt werden.

2. Der Kommunale Sozialverband Sachsen ist eine selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts.

3. Das Gericht ist nach Zurückweisung eines erschienenen Bevollmächtigten im Verhandlungstermin nicht verpflichtet, zur Wahrung des rechtlichen Gehörs den Verhandlungstermin zu vertagen.

 

Normenkette

BVG § 65 Abs. 1, § 33 Abs. 4, § 35; OEG § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1; SGB VII § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 44 Abs. 1; SGB X § 42 Abs. 1 S. 2, § 44 Abs. 1-2; SGB I § 42 Abs. 1 Sätze 1-2; KOVVwG § 1; GG Art. 84 Abs. 1 S. 2, Art. 100 Abs. 1 S. 1; BVerfGG § 80 Abs. 1; BGB § 253 Abs. 1; BGB a.F. § 847; SGG § 73 Abs. 2, § 3 S. 1, § 54 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1, Abs. 4, §§ 62, 78 Abs. 1, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 202 S. 1; ZPO § 227 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1; SächsKommSozVG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 5; SächsDGBVG § 7 Abs. 2 Nrn. 1, 3

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die vollständige Bewilligung bzw. Auszahlung von Entschädigungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens und um die Leistung eines Vorschusses.

Der 1940 geborene Kläger wurde am 30. Juli 1996 im Rahmen seiner kaufmännischen Tätigkeit Opfer einer Straftat. Er wurde von einem Geschäftspartner niedergeschossen und erlitt hierbei schwere Verletzungen. Gegen den Täter verhängte die Schwurgerichtskammer des Landegerichts Bautzen mit Urteil vom 25. April 1997 wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten (1 Ks 260J 1003/96).

Der Kläger stellte am 10. September 1996 einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG. Zunächst mit Vorbehaltsbescheid vom 26. November 1997 und sodann mit Bescheid vom 27. November 1998 erkannte die Versorgungsverwaltung des - früher für die Ausführung des OEG zuständigen - Freistaats Sachsen durch das ehemalige Amt für Familie und Soziales Chemnitz als Folge einer Schädigung nach dem OEG an: “Versteifung beider Schultergelenke und linkes Ellenbogengelenk, Bewegungseinschränkung rechtes Ellenbogengelenk und beider Handgelenke und der Fingergelenke, Schädigung des Nervus ulnaris links. Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke, Kraftminderung der Arme und Beine, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Thoraxstarre mit Lungenfunktionsbeeinträchtigung, Verhärtung und Atrophie der Haut am oberen Brustkorb. Multiple Narben an Hals, Brust, Rücken und Armen„. Dem Kläger wurde eine Grundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H. ab Juli 1996 gewährt. Zudem wurden eine Schwerstbeschädigtenzulage nach Stufe V ab Juli 1996 und ab März 1997 Pflegezulage Stufe I, Ausgleichsrente (halb), Kinderzuschlag sowie ab Juli 1997 Ehegattenzuschlag bewilligt. Mit weiteren Bescheiden vom 22. Februar 1999 und 15. Dezember 1999 wurde der Versorgungsanspruch des Klägers wegen einer Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) neu festgestellt. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. November 1998 und die späteren Änderungsbescheide wies der Freistaat Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.

Mit Bescheid vom 2. November 2000 erkannte die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) den Anschlag vom 30. Juli 1996 - auch - als Arbeitsunfall an. Sie gewährte zunächst Verletztengeld bis zum 26. Januar 1998 (78 Wochen). Mit Bescheid vom 1. Dezember 2000 bewilligte sie fernerhin Pflegegeld. Mit weiterem Bescheid vom 3. April 2001 schließlich gewährte die BGN dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 100 v.H. ab 27. Januar 1998 bis auf weiteres.

Der Freistaat Sachsen erfuhr erst Anfang 2001 von den Bescheiden der BGN. Daraufhin rechnete er die von der BGN gezahlte Verletztenrente auf die Versorgungsbezüge an (mit Bescheid vom 12. April 2001 für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Mai 2001 und mit Bescheid vom 8. Mai 2001 ab Juni 2001) und änderte den Bescheid vom 27. November...

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