Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. selbständige künstlerische Tätigkeit. nachträgliche Überprüfung der Einkommensverhältnisse. Wegfall der Versicherungspflicht. Höhe des Arbeitseinkommens. fehlender Nachweis. Schätzung. Mitwirkungspflicht des Versicherten. Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der nachträglichen Überprüfung der Einkommensverhältnisse eines Künstlers durch die Künstlersozialkasse nach § 13 KSVG ist auf das vom Künstler erzielte tatsächliche Arbeitseinkommen abzustellen.

2. Lässt sich das tatsächliche Einkommen aus künstlerischer Tätigkeit nicht feststellen, weil der Künstler seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist, geht die sich daraus ergebende Nichterweislichkeit (non liquet) zu seinen Lasten.

 

Normenkette

KSVG § 13 Sätze 2-4, § 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 8 Abs. 2 S. 2, § 12 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 1, § 37 Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung gegen den Bescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 12.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Wegfall der Versicherungspflicht des Klägers nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Der 1959 geborene Kläger ist Glasbläser. Im Jahr 1990 meldete er den Verkauf und die Herstellung von Kunstglas und Kunsthandwerk als Gewerbe an. Mit Bescheid vom 08.06.1998 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger aufgrund seiner künstlerischen Tätigkeit ab dem 20.08.1997 der Versicherungspflicht nach dem KSVG in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung unterliege. Der Kläger erzielte damals aus seiner künstlerischen Tätigkeit Jahresarbeitseinkommen von 17.700,00 DM bzw 15.000,00 DM. Seit dem 01.04.2005 bezieht der Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund Berufungsunfähigkeit von der Deutschen Rentenversicherung Bund (Bescheid vom 13.03.2007).

Zur Festsetzung der Beitragshöhe forderte die Beklagte den Kläger jeweils auf, im Voraus sein Jahreseinkommen zu schätzen. Für das Jahr 2007 gab der Kläger voraussichtliche Einkünfte in Höhe von 6.500,00 € und für das Jahr 2008 in Höhe von 4.500,00 € an. Für das Jahr 2009 teilte er im Rahmen der Vorauseinschätzung 4.700,00 € mit. Auf Grundlage dieser Angaben setzte die Beklagte jeweils die Beitragshöhe fest. Für das Jahr 2010 gab der Kläger bis zur gesetzten Frist am 01.12.2009 keine Vorauseinschätzung ab. Die Beklagte legte deshalb der Beitragsberechnung im Januar 2010 zunächst ein geschätztes Einkommen von 5.170,00 € zugrunde. Über die Beitragszahlung erhielt der Kläger jeweils sogenannte Jahresabrechnungen.

Bereits im Oktober 2009 forderte die Beklagte den Kläger nach § 13 KSVG auf, die tatsächlichen Einkünfte in den Jahren 2004 bis 2007 mitzuteilen sowie die Einkommenssteuerbescheide dieser Jahre einzureichen. Hieran erinnerte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 04.01.2010. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass versicherungsrechtliche Konsequenzen (Beendigung der Versicherungspflicht) als Folge der fehlenden Angaben und Unterlagen drohen.

Nachdem die dem Kläger gesetzte Zweiwochenfrist fruchtlos verstrichen war, hörte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 25.01.2010 zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheids über die Versicherungspflicht an. Mit Bescheid vom 22.02.2010 stellte die Beklagte sodann die Versicherungsfreiheit nach dem KSVG ab dem 01.03.2010 fest. Da der Kläger der Aufforderung, Angaben zu seinen tatsächlichen Einkünften in den Jahren 2004 bis 2007 zu machen und die Einkommenssteuerbescheide vorzulegen, nicht nachgekommen sei, lägen keine Anhaltspunkte für die Erzielung eines über der Geringfügigkeitsgrenze von 3.900,00 € liegenden Arbeitseinkommens vor. Die Angaben des Klägers im Rahmen der Vorauseinschätzungen seien unter Berücksichtigung der nicht vorgelegten Unterlagen nicht plausibel. Die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach dem KSVG lägen damit nicht mehr vor. Der Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht sei daher nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben. Am 11.03.2010 legte der Kläger Widerspruch ein und ließ vortragen, er schätze sein zu erwartendes Einkommen im Jahr 2010 auf 4.800,00 €. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 09.07.2010 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er werde im laufenden Kalenderjahr Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze erzielen. Die Beklagte habe außerdem in den vergangenen Jahren immer Jahresabrechnungen vorgenommen und sei dabei von Einkünften über der Geringfügigkeitsgrenze ausgegangen. Die Beklagte könne dies nicht rückgängig machen. Es müsse irgendwann einmal Rechtsfriede eintreten und von einem status quo ausgegangen werden können. Er sei seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen, in dem er Angaben über seine voraussichtlichen Einkünfte gemacht habe. Auch wenn in den Jahren 2007 und...

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