Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verschuldenskosten. missbräuchliche Rechtsverfolgung. Überprüfungsantrag gem § 44 SGB 10. fünf Wochen nach Zurückweisung der Berufung. Auferlegung der hälftigen Pauschgebühr gem § 186 S 1 SGG
Leitsatz (amtlich)
Wer lediglich fünf Wochen nach Zurückweisung seiner Berufung einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB 10 gestellt hat, ohne auf die in den Gründen des Beschlusses dargelegten Umstände, die einer Anerkennung der beantragten BK entgegen stehen, zu reagieren, der handelt missbräuchlich. Ihm können auch die Hälfte der von Gesetzes wegen durch die Beklagte zu entrichtenden Pauschgebühr auferlegt werden, denn nach § 186 S 1 SGG wäre die Pauschgebühr als regelmäßig anfallende Gerichtskosten bei einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden.
Orientierungssatz
§ 192 SGG idF ab 2.1.2002 ist eine Sonderregelung zu §§ 193 Abs 4, 184 Abs 1 SGG und begründet auch einen Erstattungsanspruch des anderen Beteiligten.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 22. März 2013 wird zurückgewiesen.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten auferlegt. Er trägt Gerichtskosten in Höhe von 225 EUR und hat außerdem der Beklagten die zu entrichtende Pauschgebühr zur Hälfte - in Höhe von 112,50 EUR - zu erstatten.
Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Feststellung der Berufskrankheit (BK) Nr. 4105 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie deren Entschädigung insbesondere in Form der Verletztenvollrente.
Der.1927 geborene Kläger war eigenen Angaben zufolge von 1947 bis 1961 selbständiger Gast- und Landwirt und von Februar 1961 bis Juli 1963 bei der Firma M. K., L., heute p. K.p. GmbH & Co KG, M. (vgl. Bl. 29 BA) beschäftigt. Hier war er mit dem Zertrümmern, Mischen und Verarbeiten von Pulvern, Materialbrocken und - platten sowie Faserstoffen befasst (Bl. 20, 27 BA). Von Dezember 1963 bis März 1987 war er als Bankkaufmann in leitender Stellung bei der Raiffeisenbank L. tätig (vgl. Bl. 20, 27 BA).
Am 02.12.2008 zeigte die Klinik L. (Unterschrift unleserlich) bei der Berufsgenossenschaft Elektro, Textil, Feinmechanik, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte), den Verdacht auf eine BK an und fügte ihren Entlassungsbericht vom 27.11.2008 über den stationären Aufenthalt des Klägers dort vom 04. bis 28.11.2008 bei. Hierin wird u.a. eine asbestassoziierte Pleuritis mit pulmonaler Fibrose rechts diagnostiziert und als histologischer Befund einer am 10.11.2008 durchgeführten videothoraskoskopisch assistierten Decortication der rechten Lunge eine asbestinduzierte chronisch-granulierende unspezifische fibrinöse Pleuritis ohne atypische Mesothelproliferate sowie ohne Anhalt für Malignität angegeben.
Die Beklagte leitete ein BK-Feststellungsverfahren ein und nahm die Ermittlungen auf.
Auf Anfrage teilte die p. K.p. GmbH & Co KG mit Schreiben vom 26.02.2009 mit, es sei nicht mehr festzustellen, wann der Kläger genau bei ihnen beschäftigt gewesen sei. Asbest sei in ihrer Produktion zu keinem Zeitpunkt weder verarbeitet noch recycelt worden. Sie seien ausschließlich Hersteller von Kunststoffp.en auf Thermop.-Basis gewesen. Es sei zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich PVC-weich auf Basis E-PVC/DOP verarbeitet worden.
Der Staatliche Gewerbearzt Dr. H. stellte am 07.05.2009 fest, dass eine BK Nr. 4103 der BKV nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werde, da die haftungsbegründende Kausalität nicht wahrscheinlich gemacht worden sei. Obwohl offenbar das klinische Bild für eine asbestassoziierte Pleuraerkrankung des Klägers spreche, könne aus der vorliegenden Akte nicht entnommen werden, wo eine Asbestexposition stattgefunden habe.
Der Betriebsleiter der p. K.p. GmbH & Co KG, O, teilte auf telefonische Anfrage der Beklagten am 28.08.2009 mit, es sei niemals, weder bei der Firma M. K. noch in der Nachfolgefirma p. K.p., mit Asbest gearbeitet worden (Bl. 47 BA).
Anlässlich eines Hausbesuchs beim Kläger durch einen Mitarbeiter der Beklagten am 16.11.2009 verneinte der Kläger die Frage, ob er definitiv wisse, dass Asbest im Betrieb K. verarbeitet worden sei. Das PVC sei aus Italien angeliefert worden, eine Produktbezeichnung nicht möglich, dem PVC seien Weichmacher und Farbe beigemischt gewesen, mehr könne er nicht dazu sagen. In der Zeit als selbständiger Landwirt könne er sich auch nicht an Asbestkontakte erinnern. Der Landwirtschaft sei ein Gasthaus angegliedert gewesen, in der Küche habe sich ein großer Wasserboiler befunden, hier könne es sein, dass dieser Boiler eine Asbestisolierung gehabt habe. Eine weitere Möglichkeit der Asbestaufnahme könne während der Zeit der Kriegsgefangenschaft in Russland im Ural gewesen sein, als die Gefangenen beim Aufbau eines Gaskraftwerkes hätten helfen müssen (Bl. 60 BA).
Schließlich zog die Beklagte den Entlassu...