Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Erstattungsforderung nach endgültiger Entscheidung über vorläufige Leistungsbewilligung. keine analoge Anwendung der Ausschlussfrist nach §§ 45 Abs 4 oder 48 Abs 4 SGB 10

 

Leitsatz (amtlich)

Nach vorläufiger Bewilligung von Arbeitslosengeld II ist bei der abschließenden Entscheidung über den Leistungsanspruch auch nach Inkrafttreten des § 41a Abs 5 SGB II zum 1.8.2016 eine analoge Anwendung der §§ 45 Abs 4 und 48 Abs 4 SGB X nicht geboten, so dass die dort vorgesehene Jahresfrist nicht gilt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin Ziffer 2 wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. April 2016 insoweit abgeändert und der Bescheid vom 15. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2015 insoweit aufgehoben, als die auf die Klägerin zu 2. entfallende Erstattungsforderung 492,76 € übersteigt.

Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Ansprüche der Klägerinnen auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende in der Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2010, insbesondere die Frage, ob der Beklagte berechtigt ist, von den Klägerinnen die Erstattung von erbrachten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 1.855,80 € zu verlangen.

Die Klägerin zu 1., ihr Lebensgefährte S., der als Trockenbauer selbständig tätig war, und ihre 2003 geborene Tochter, die Klägerin zu 2., bezogen seit Jahren vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II.

Ab 1. Juli 2009 nahm Herr S. eine selbstständige Tätigkeit als Handwerker auf, für die er beim Beklagten unter Vorlage von drei für Handwerksleistungen in der Zeit vom 22. Juli 2009 bis 30. Oktober 2009 erstellte Rechnungen Existenzgründungsleistungen beantragte.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Herrn S. bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2010 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 in Höhe von 914,43 € monatlich und berücksichtigte dabei Kindergeld (184 €) bedarfsmindernd als Einkommen, jedoch keine Einnahmen des Herrn S. aus seiner selbständigen Tätigkeit. Von den bewilligten Leistungen entfielen auf die Klägerin zu 1. monatlich 390,15 € (323 € Regelleistung und 67,15 € anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung) und auf die Klägerin zu 2. monatlich 134,15 € (251 € Sozialgeld - 184 € Kindergeld = 67 € + 67,15 € anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung).

Mit Bescheid vom 8. November 2010 änderte der Beklagte den Bescheid vom 16. April 2010 unter Berücksichtigung veränderter Mietkosten ab und bewilligte für die Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010 weiterhin vorläufig Leistungen i.H.v. 914,43 € monatlich für Mai und Juni 2010, i.H.v. 457,22 € für die Zeit vom 1. bis 15. Juli 2010, i.H.v. 489,26 € für die Zeit vom 16. bis 31. Juli 2010, i.H.v. 1078,50 € für August 2010 und i.H.v. 978,50 € monatlich für September und Oktober 2010. Hiervon entfielen auf die Klägerin zu 1. für die Monate Mai und Juni 2010 jeweils 390,15 €, für Juli 2010 400,83 € und für die Monate August bis Oktober 2010 je 411,51 €. Die Klägerin zu 2. erhielt für Mai und Juni 2010 je 134,15 €, für Juli 2010 144,83 €, für die Monate August bis Oktober 2010 je 155,51 € sowie im Monat August 2010 einmalige zusätzliche Leistungen für Schulbedarf i.H.v. 100 €. Auch bei dieser vorläufigen Bewilligung berücksichtigte der Beklagte Kindergeld (184 €) bedarfsmindernd als Einkommen, jedoch keine Einnahmen des Herrn S. aus seiner selbständigen Tätigkeit.

Mit Bescheid vom 15. Januar 2015 entschied der Beklagte unter Berücksichtigung der inzwischen nachgewiesenen tatsächlichen Betriebseinnahmen endgültig über die Leistungsansprüche der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in der Zeit vom 1. Mai 2010 bis 31. Oktober 2010, legte einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn i.H.v. 1045 € zu Grunde, brachte hiervon noch Betriebsausgaben i.H.v. 107,83 €, eine monatliche Unterhaltszahlung von 170 € sowie den Grundfreibetrag von 100 € in Abzug und rechnete unter weiterer Berücksichtigung eines Freibetrages i.H.v. 133,43 € monatlich 533,74 € als Gewinn an. Die der Bedarfsgemeinschaft zustehenden Leistungen wurden neu berechnet, wonach auf die Klägerin zu 1. für Mai und Juni 2010 je 162,42 €, für Juli 2010 174,80 € sowie für August bis Oktober 2010 monatlich 187,04 € entfielen. Auf die Klägerin zu 2. entfielen für Mai und Juni 2010 je 55,85 €, für Juli 2010 63,16 € sowie für August bis Oktober 2010 monatlich 70,68 €. Mit weiterem Bescheid vom 16. Januar 2015 machte der Beklagte - aufgeschlüsselt nach Personen, Kalendermonaten und Zahlungsgrund - gegenüber den Klägerinnen einen Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.855,80 € geltend. Hiervon entfielen 1346,82 € auf die Klägerin zu 1. und 508,98 € auf die Klägerin zu 2.

Mit ihrem dagegen gerichteten Widerspruch brachten die Klägerinnen vor, der Bescheid vom 15. Januar 2015 sei außerhalb einer analog nac...

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