Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts. Anrufung des Sozialgerichts gegen Entscheidung des Urkundsbeamten. Unstatthaftigkeit der Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Die BRAGebO kann auch mit § 128 Abs 4 S 1 keine Gebührennachprüfungsinstanz schaffen, die es als solche in der Sozialgerichtsbarkeit nicht gibt. Deshalb bleibt es bei der in § 178 S 1 SGG getroffenen Regel, wonach gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle das Sozialgericht angerufen werden kann, das endgültig entscheidet. Eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts ist auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht statthaft.
Tatbestand
Der beschwerdeführende Rechtsanwalt begehrt von der Landeskasse die Festsetzung weiterer Vergütung in Höhe von 122,50 DM.
Der zugrunde liegende Rechtsstreit betraf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Urteil vom 6. Dezember 1999 wies das Sozialgericht Berlin die Klage ab. Im Rahmen des hiergegen angestrengten Berufungsverfahrens wurde dem Kläger mit Beschluss des Senats vom 31. Oktober 2000 Prozesskostenhilfe gewährt und der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt beigeordnet. Nach Einholung eines neurochirurgischen Gutachtens, das eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers belegte, schlossen der Kläger und der beklagte Rentenversicherungsträger einen prozessbeendenden Vergleich, in dem sich die Gegenseite bereit erklärte, dem Kläger drei Viertel der für das Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Hierauf erstellte der Beschwerdeführer eine Rechnung für seine Tätigkeit im Berufungsverfahren mit einem Gesamtbetrag von 1.438,40 DM, ausgehend von einer Mittelgebühr nach § 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 BRAGO in Höhe von 1.200,- DM. Hiervon erstattete der beklagte Rentenversicherungsträger drei Viertel. Am 7. September 2001 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO die Festsetzung eines Viertels der Anwaltskosten in Höhe von 351,60 DM (Rechenfehler; richtig: 359,60 DM) als Vergütung aus der Landeskasse.
Mit Beschluss vom 15. November 2001 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die aus der Landeskasse im Wege der Prozesskostenhilfe zu gewährende Vergütung auf 229,10 DM fest, ausgehend von einer Anwaltsgebühr in Höhe von 750,- DM. Dieser unter der Mittelgebühr liegende Wert sei gerechtfertigt, weil der anwaltliche Aufwand nur unterdurchschnittlich gewesen sei. Die hiergegen am 5. Dezember 2001 eingelegte Erinnerung hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 22. Mai 2002 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, unter Beachtung der Bemessungskriterien aus § 12 BRAGO rechtfertige sich der Ansatz der Mittelgebühr nicht, weil die Bedeutung der Rentensache für den Kläger den weit unterdurchschnittlichen Verfahrensaufwand für den beigeordneten Rechtsanwalt nicht kompensiere. Diese Entscheidung sei gemäß § 197 Abs. 2 SGG endgültig.
Hiergegen hat der beigeordnete Rechtsanwalt am 12. Juni 2002 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, nach § 128 Abs. 4 BRAGO sei die Beschwerde statthaft, § 197 Abs. 2 SGG trete insoweit zurück. Die tatsächlich festgesetzte Gebühr betrage nur 62,5 Prozent der Mittelgebühr. Der Verfahrensaufwand sei nicht "weit unterdurchschnittlich" gewesen, weil er sich den gesamten Streitstoff nach Mandatserteilung habe erarbeiten müssen. Die sachgerechte Vertretung des Klägers habe vor allem ein genaues Studium der vorhandenen medizinischen Gutachten erfordert. Bei der Gebührenfestsetzung müsse schließlich auch die überragende wirtschaftliche Bedeutung berücksichtigt werden, die die Sache für den Kläger habe.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2002 aufzuheben, den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 15. November 2001 zu ändern und weitere anwaltliche Vergütung in Höhe von 122,50 DM festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Er hält die Beschwerde für unstatthaft, weil sie im Sozialgerichtsgesetz nicht vorgesehen sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 22. Mai 2002 ist nicht statthaft.
Entscheidend sind insoweit die im Sozialgerichtsgesetz (SGG) als der einschlägigen und maßgeblichen Verfahrensordnung getroffenen Regeln.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO entscheidet über den Antrag auf Vergütungsfestsetzung der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Das Sozialgerichtsgesetz sieht lediglich vor, dass gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten das Gericht (das Sozialgericht) angerufen werden kann, "das endgültig entscheidet". Diese Formulierung findet sich in der Grundnorm des § 178 Satz 1 SGG, aber auch in den Sondervorschriften des § 189 Abs. 2 SGG (Feststellung der Pauschgebühr durch den Urkundsbeamten) und des § 197 Abs. 2 SGG (Kostenfestsetzung für die Beteiligten untereinander). Eine systematische Betrachtung zeigt damit, dass das Sozialgerichtsgesetz nur die gerichtliche Entscheidung auf die Erinnerung ...