Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft. Erforderlichkeit eines Umzugs und Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme der Unterkunftskosten. Integration eines Familienangehörigen in einer Bedarfsgemeinschaft als Umzugsgrund
Orientierungssatz
Das Erfordernis des Umzuges eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende in eine größere Wohnung und die entsprechende Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Erteilung einer Zusicherung für die Übernahme der künftigen Unterkunftskosten kann sich auch aus dem Erfordernis einer Integration eines bisher anderweitig betreuten minderjährigen Angehörigen des Grundsicherungsempfängers in die Familie ergeben.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Juli 2014 geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern eine Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die Wohnung H-M-Straße - ME 5052-0005- (A 1.OGR), C, zu erteilen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Gründe
Wegen der Dringlichkeit der Sache war in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Eingang der Erwiderung des Antragsgegners vom 12. August 2014 durch den Vorsitzenden und Berichterstatter zu entscheiden.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren ist gemäß § 172 SGG statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Insbesondere ist sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nrn. 1 und 2b SGG ausgeschlossen. Denn in der Hauptsache bedürfte die Berufung nicht der Zulassung, weil die Hauptsache - hier der Streit um die Zusicherung der Übernahme der laufenden Kosten der Unterkunft (KdU) in bestimmter Höhe - laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Insoweit kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), zu denen die KdU gehören, gemäß § 41 Abs. 1 Satz 3 SGB II regelmäßig für sechs Monate bewilligt werden und gemäß Satz 4 der Vorschrift längstens für zwölf Monate bewilligt werden können. Denn die Zusicherung, bei der es sich um eine vorgreifliche Teilregelung zur Übernahme höherer angemessener KdU nach einem Umzug handelt (vgl Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 5/10 R - juris), entfaltet nicht für einen bestimmten Leistungszeitraum Bindungswirkung, sondern wirkt bei im Wesentlichen gleichbleibender Sach- und Rechtslage, insbesondere fortbestehender Hilfebedürftigkeit, auf unbestimmte Zeit. Dies entspricht dem Zweck der Zusicherung, dem Leistungsberechtigten Planungssicherheit zu verschaffen (vgl BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 219/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7). Da aber die Zusicherung als Entstehungsgrund für den Anspruch auf laufende Leistungen für KdU bis zu einer bestimmten Höhe in zeitlicher Hinsicht über den Zeitraum eines Bewilligungsabschnitts hinauswirkt, kann das Interesse des Leistungsberechtigten an der Zusicherung auch nicht auf einen Zeitraum von sechs Monaten bzw höchstens einem Jahr beschränkt sein (vgl ebenso LSG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 - L 14 AS 1360/14 B ER - juris; aA LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 28. Mai 2014 - L 8 AS 196/14 B ER -; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 28. Februar 2012 - L 6 AS 145/11 B PKH -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2012 - L 5 AS 189/12 B ER - jeweils juris).
Die Beschwerde ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Antragsgegner war durch eine Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG wie erkannt zu verpflichten.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelegung eines vorläufigen Zustands im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelegung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß 86b Abs. 2 Satz 2 SGG iVm mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.
Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt, soweit es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um eine vorläufige Leistungsgewährung geht, die ggf im Hauptsacheverfahren noch rückgä...