Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Recht der Krankenversicherung. Abrechnung. TestV
Leitsatz (amtlich)
Für Streitigkeiten über die Abrechnung von Leistungen nach § 7 TestV ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Verweisungsbeschluss des SG Berlin vom 28. November 2022 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in Berlin, die seit dem 8. März 2021 im Auftrag des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) eine Coronateststation zur Durchführung von kostenlosen Bürgertests nach § 4a der Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung - TestV) betrieb.
Sie rechnete auf Grundlage von § 7 TestV die erbrachten Leistungen gegenüber der Antragsgegnerin ab. Mit Bescheid vom 19. September 2022 setzte die Antragsgegnerin die Vergütung für die von der Antragstellerin betriebene Teststation für die Monate Dezember 2021 bis März 2022 fest und forderte für diese Monate die überzahlte Vergütung in Höhe von insgesamt 387.433,31 Euro unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurück. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein und beantragte beim SG Berlin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.
Das SG Berlin hat nach erfolgter Anhörung mit Beschluss vom 28. November 2022 den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Berlin verwiesen. Zur Begründung hat das SG Berlin ausgeführt, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei, da eine abdrängende Sonderzuweisung zu den Sozialgerichten gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 HS 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorliege. Es handele sich bei dem Rechtsstreit um keine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass die TestV ihre Grundlage in § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) finde, mache die darin geregelten Leistungen nicht zu solchen der GKV bzw. des Sozialversicherungsrechts. Ein Testanspruch bestehe weder gegenüber der Krankenkasse noch gegenüber der Antragsgegnerin, sondern gegenüber dem ÖGD. Die Testungen würden zudem nicht durch Beiträge der Versicherten der GKV finanziert, die finanziellen Lasten trage gem. §§ 14, 15 TestV allein der Bund. Es liege auch keine Angelegenheit des Vertragsarztrechts vor, da die Antragstellerin keine Leistungen innerhalb des vertragsärztlichen Systems oder der vertragsärztlichen Versorgung erbringe. Leistungszuständig sei vielmehr der ÖGD. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Abrechnung der Leistungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), da diese nicht im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags aus § 75 Abs. 1 SGB V tätig würden. Sie erbrächten keine eigenen Leistungen, sondern nur solche im Auftrag des ÖGD. Die Tatsache, dass die Abrechnungs- und Plausibilitätsprüfung der Antragsgegnerin im Rahmen der vertragsärztlichen Leistungserbringung von den Sozialgerichten geprüft werde, sei nicht rechtswegsbestimmend. Maßgeblich sei, dass die Rechtsnormen, aus denen die Antragsgegnerin den angefochtenen Bescheid abgeleitet habe, nicht dem Recht der Krankenversicherung zuzuordnen sei. Daraus, dass der Gesetzgeber in § 68 Abs. 1a des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) den Verwaltungsrechtsweg für Streitigkeiten über Ansprüche nach einer auf Grund des § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a SGB V erlassenen Verordnung geregelt habe, könne aufgrund der Entstehungsgeschichte der Norm nicht im Gegenschluss abgeleitet werden, dass für die aufgrund von § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b SGB V erlassene TestV der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sein sollte.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 13. Dezember 2022 Beschwerde erhoben. Sie ist der Ansicht, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sei, da es sich um eine Angelegenheit auf dem Gebiet der Krankenversicherung handele. Hierunter fielen Angelegenheiten, die sich aus der Wahrnehmung und Erfüllung der nach dem SGB V zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben ergäben. Vorliegend seien Ansprüche aus der TestV streitig, deren Ermächtigungsgrundlage im SGB V enthalten sei.
II.
Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i.V.m. §§ 202, 172, 173 SGG form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das SG Berlin den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Berlin verwiesen.
Welcher Rechtsweg zulässig ist, ergibt sich aus der Gerichtsverfassung, den speziellen gesetzlichen Bestimmungen und ansonsten au...