Entscheidungsstichwort (Thema)
Endgültige Festsetzung und Rückforderung vorläufig erbrachter Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Bei der Einkommensberechnung eines selbständig tätigen Rechtsanwalts im Rahmen seiner Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB 2 sind Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte vom erzielten Einkommen abzusetzen, weil diese in erster Linie der Altersversorgung dienen. Insoweit handelt es sich nicht um Betriebsausgaben im Rahmen der selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt.
2. Sind dem Hilfebedürftigen vorläufig Leistungen der Grundsicherung bewilligt worden und erweist sich die vorläufige Bewilligung als unrichtig, weil dieser tatsächlich nur einen geringeren als den zunächst prognostizierten Hilfebedarf hatte, so sind nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB 2 i. V. m. § 328 Abs. 3 S. 1 SGB 3 die vorläufig erbrachten Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen. Die überschießenden Leistungen sind nach § 328 Abs. 3 S. 2 HS. 1 SGB 3 zu erstatten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin - eine selbständig tätige Rechtsanwältin - wehrt sich gegen die Höhe der endgültigen Festsetzung und Rückforderung von vorläufig gewährten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum von Anfang November 2010 bis Ende November 2011.
Die 1979 geborene, alleinstehende Klägerin beantragte am 28. April 2010 die Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld II und gab an, seit August 2009 als selbständige Rechtsanwältin berufstätig zu sein und bis 31. Oktober 2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von 300 € zu erhalten. Sie sei freiwillig krankenversichert und Mitglied der Pflegepflichtversicherung (Gesamtbeiträge ab 1. Juni 2010: 316,18 € monatlich), ferner sei sie freiwillig in der Arbeitslosenversicherung weiterversichert (Beiträge: 15,19 € monatlich bis Dezember 2010) und zahle an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Berlin den monatlichen Mindestbeitrag in Höhe von 109,45 €. Für eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zahlte die Klägerin für die Zeit von Juli 2010 bis Juli 2011 einen Gesamtbetrag von 124,36 €. Die Klägerin vermietete einen Teil der von ihr bewohnten Wohnung zur Reduzierung ihrer Aufwendungen bis 31. Juli 2011 unter. Wegen der jeweiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) wird auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Berlin (SG) Bezug genommen. Mit Bescheid vom 18. Mai 2010 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 10. und 26. November 2010 bewilligte ihr der Beklagte für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2010 vorläufig Leistungen in einer monatlichen Gesamthöhe von 443,91 € bzw. 619,07 € für November 2010 (davon jeweils 349,93 KdU) unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin zu ihrem voraussichtlichen Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit im Bewilligungszeitraum.
Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 29. Oktober 2010 bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 10. November 2010 in der Fassung des Bescheides vom 17. November 2010 für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. Mai 2011 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 660,29 € bzw. in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März und 16. Mai 2011 für Januar 2011 in Höhe von 697,75 € (davon KdU 382,81 €) und Februar bis Ende Mai 2011 in Höhe von 648,53 € (davon KdU 333,49 €) unter Anrechnung des von der Klägerin prognostizierten Einkommens.
Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 14. Mai 2011 bewilligte ihr der Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 2011 für die Zeit vom 1. Juni 2011 bis 30. November 2011 unter Anrechnung des von der Klägerin prognostizierten Einkommens vorläufig Leistungen in Höhe von 613,47 € (davon KdU 333,49 €) monatlich bzw. mit Änderungsbescheid vom 19. Juli 2011 für die Zeit vom 1. August bis 30. November 2011 in Höhe von 946,97 € (davon KdU 666,99 €) wegen der durch Kündigung der Untermieterin erhöhten KdU.
Mit vier Bescheiden vom 20. Februar 2012 setzte der Beklagte die der Klägerin in den Bewilligungszeiträumen von November 2010 bis November 2011 vorläufig gewährten Leistungen nach Vorlage der abschließenden Angaben der Klägerin zu ihrem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) endgültig fest, und zwar mit einem ersten Bescheid dieses Datums für November 2010 in Höhe von 619,07 €, wovon 269,14 € unter Anrechnung von Einkommen auf den Regelbedarf entfielen und 349,93 € auf die KdU. Mit einem weiterem Bescheid vom 20. Februar 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für Dezember 2010 in Höhe von monatlich 536,59 €, wovon 186,34 € nach Anrechnung von Einkommen in Höhe von 172,66 € auf den Regelbedarf entfielen und 350,25 € auf KdU. Auf ihren Widerspruch setzte der Beklagte die Höhe des Arbeitslosengeldes II mit zwei Änderungsbescheiden vom 18. Juni 2012 für November 2010 bei gleich bleibenden Kd...