Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessene Kosten der Unterkunft. Umzug ohne vorherige Zusicherung. Wohngemeinschaft ist keine Bedarfsgemeinschaft
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 05. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin A bewilligt.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gründe
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 5. Juni 2007 den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab Antragstellung bei Gericht Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die jetzige Wohnung bis zum 31. August 2007 zu bewilligen.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners vom 9. Juli 2007 ist zulässig, insbesondere fristgerecht, jedoch nicht begründet.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen vor. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich hier nach § 86b Abs. 2 SGG und setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) wie auch ein Anordnungsgrund (eine Eilbedürftigkeit des Verfahrens) bestehen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Im vorliegenden Fall sind sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund gegeben. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Das Vorbringen des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren, wonach eine Zusicherung zum Umzug nicht eingeholt worden sei, die Kosten - gemessen an einem Zwei-Personen-Haushalt - jedenfalls nicht angemessen seien und allenfalls die Verpflichtung bestehen könne, die vor dem Umzug zu tragenden Kosten der Unterkunft in Höhe von 204,01 Euro zu übernehmen, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Zwar soll nach § 22 Abs. 2 SGB II vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt werden. Der kommunale Träger ist auch nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Das Zusicherungsverfahren hat aber allein Aufklärungs- und Warnfunktion und soll vor einem Umzug des Hilfsbedürftigen diesem Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft verschaffen. Die Einholung der Zusicherung ist dagegen keine Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten (vgl. hierzu Lang in Eicher/Spellbrink SGB II § 22 Rdnr. 52). Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGG, wonach nach einem nicht erforderlichen Umzug weiterhin nur die vorher angemessenen Aufwendungen zu übernehmen sind, ist im Fall des Antragstellers nicht anwendbar, denn diese Begrenzung ist erst zum 1. August 2006 eingeführt worden, während der Antragsteller bereits am 1. Juni 2006 umgezogen ist. Einer rückwirkenden Anwendung dieser Regelung steht der Vertrauensschutz in die bis dahin bestehende Rechtslage entgegen; sie kommt daher nicht in Betracht. Es kommt also allein darauf an, ob die Kosten der neuen Unterkunft für den Antragsteller angemessen sind. Dies ist der Fall, wie das Sozialgericht bereits ausgeführt hat.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners folgt aus dem Umstand, dass der Antragsteller in einer Wohngemeinschaft lebt, nichts anderes. Insbesondere kann nicht ohne weiteres - wie der Antragsgegner meint - die für einen Zwei-Personen-Haushalt (Bedarfsgemeinschaft) angemessene Miethöhe und Wohnungsgröße zu Grunde gelegt werden, denn der Antragsteller lebt nicht in einer Bedarfsgemeinschaft, sondern lediglich in einer Wohngemeinschaft. Eine Wohngemeinschaft unterscheidet sich von einer Bedarfsgemeinschaft und bedingt einen höheren Wohnbedarf, weil - wie auch im vorliegenden Fall - bestimmte Wohnbereiche allein einem bestimmten Mitglied der Wohngemeinschaft zur persönlichen Nutzung zugewiesen sind und lediglich Küche, Sanitärbereich und Flur zur gemeinschaftlichen Nutzung mietvertraglich vorgesehen sind. Demgegenüber wird in einer Bedarfsgemeinschaft die Wohnung insgesamt gemeinsam benutzt (vgl. hierzu auch Beschlüsse des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen L 6 AS 96/06 ER vom 23. März 2006 und L 9 AS 131/06 ER vom 13. April 2006). Es liegt daher kein sachlich rechtfertigender Grund dafür vor, die angemessenen Unterkunftskosten der einzelnen Mitglieder einer Wohngemeinschaft anders zu bestimmen, als in den Fällen, in denen sie alleine leben. Der Antragsteller bewohnt mit K B in Wohngemeinschaft eine insgesamt 86 qm große 3-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad zu einer Gesamtbruttowarmmiete in Höhe von 595,00 Euro monatlich (Kaltmiete 415,00 Euro zzgl. Neben...