Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Kosten der Unterkunft bei Vorliegen besonderer Umstände
Orientierungssatz
1. Die tatsächlichen Aufwendungen der Unterkunft werden nach § 22 SGB 2 erbracht, soweit diese angemessen sind.
2. Die von der Kommune erlassenen Richtwerte können beim Vorliegen besonderer Umstände um bis zu 10 % überschritten werden. Dazu zählt das Interesse eines Heranwachsenden in seiner bisherigen Wohnumgebung nach der Trennung seiner Eltern und dem damit verbundenen Verlust seiner bisherigen Wohnung.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2006, soweit er die Kosten der Unterkunft betrifft, geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 44,00 Euro monatlich für die Zeit von November 2005 bis Januar 2006 zu gewähren.
Die Beschwerde wegen der Kosten der Unterkunft wird im Übrigen zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aus beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Übernahme weiterer Kosten der Unterkunft.
Die 1960 geborene Antragstellerin zu 1) beantragte am 9. August 2005 für sich und ihren 1999 geborenen Sohn, den Antragsteller zu 2), Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie gab an, zur Zeit mit ihrem Sohn ein Zimmer in dem Haus ihres ehemaligen Lebensgefährten zu bewohnen, wo sie allerdings nicht bleiben könnten, weil das Haus verkauft werden solle. Der Antragsteller zu 2) besuche seit dem 8. August 2005 die R S Grundschule. Am 14. Oktober 2005 sprach die Antragstellerin zu 1) beim Antragsgegner vor mit einem Wohnungsangebot über eine Zwei-Zimmer-Wohnung, gelegen Sweg, B. Als monatliche Gesamtmiete für 56,24 m² verlangte der Vermieter 488,00 Euro. Der Antragsgegner lehnte mündlich und durch Bescheid vom 14. Oktober 2005 die Übernahme der Aufwendungen ab. Nach den geltenden Ausführungsvorschriften gelte für die Angemessenheit bei zwei Personen ein Richtwert von 444,00 Euro.
Die Antragstellerin verwahrte sich dagegen mit Schreiben vom 20. Oktober 2005 und wies darauf hin, dass sie schon seit Juli 2005 Wohnungen in F suche, ohne eine andere billigere Wohnung gefunden zu haben. Sie gehöre zu einem Personenkreis, für den in den Ausführungsvorschriften die Möglichkeit einer Überschreitung des Richtwertes zur angemessenen Bruttowarmmiete um maximal 10% vorgesehen sei. Ihr ehemaliger Lebenspartner habe sein Haus zum 1. Dezember 2005 verkauft, deswegen drohe Obdachlosigkeit. Die Antragstellerin zu 1) legte handschriftliche Aufzeichnungen über ihre Wohnungssuchbemühungen und ein Schreiben des Bezirksamtes R, Abt. Jugend und Familie, Sozialpädagogischer Dienst vor, in dem der Antrag auf Übernahme der Miete für die Wohnung im Sweg befürwortet wurde. Der Antragsteller zu 2) zeige aufgrund der durch die Trennung der Eltern ausgelösten psychischen Belastungen erhebliche Verhaltensauffälligkeiten. Deswegen solle die Kontinuität der Lebensverhältnisse gewahrt bleiben, was voraussetze, dass die Antragsteller ihren Sozialraum nicht verlassen müssten. Bei Anmietung der Wohnung im Sweg könne der Antragsteller zu 2) weiter seine bisherige Schule besuchen.
Der Antragsgegner erklärte, dass er bereit sei, die Miete für eine Wohnung in Höhe von 444,00 Euro monatlicher Bruttowarmmiete zu übernehmen, und lehnte durch Bescheid vom 3. November 2005 die Übernahme der Kosten für das vorgelegte Wohnungsangebot ab. Am 21. Oktober 2005 hatte die Antragstellerin zu 1) bereits den Mietvertrag über die Wohnung im Speerweg 43 unterschrieben, das Mietverhältnis sollte am 1. November 2005 beginnen. Unter Bezugnahme darauf hatte ihr Verfahrensbevollmächtigter am 1. November 2005 nochmals die Kostenübernahme beim Antragsgegner beantragt.
Durch Bescheid vom 3. November 2005 bewilligte der Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 47,90 Euro für die Zeit vom 9. August 2005 bis 31. August 2005, 479,00 Euro für den Monat September 2005 und jeweils 435,93 Euro für die Monate Oktober 2005 bis Januar 2006. Die Antragstellerin zu 1) erhob Widerspruch und begehrte die Berücksichtigung ihrer Wohnungskosten. Durch Bescheid vom 14. November 2005 gewährte der Antragsgegner nunmehr in Abänderung des vorherigen Bescheides Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. November 2005 bis 31. Januar 2006 in Höhe von monatlich 879,93 Euro. Bei der Berechnung waren Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 444,00 Euro berücksichtigt worden. Durch weiteres Schreiben vom 14. November 2005 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, Nachweise über den frühestmöglichen Termin der Auszahlung einer bestehenden Lebensversicherung vorzulegen.
Mit dem am 21. November 2005 bei dem Sozialgericht eingegangen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und Klage im Hauptsacheverfahren begehren die Antr...