Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Kameramann

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist ein Kameramann nicht weisungsgebunden und nicht in einem fremden Betrieb eingegliedert tätig, trägt er bei seiner Tätigkeit die Verantwortung und Entscheidungsbefugnis für alle die Führung der Kamera betreffenden Aspekte, stellt er seinem Auftraggeber jeweils projektbezogene Pauschalrechnungen, erhält er weder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch bezahlten Urlaub, so ist von dem Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

3. Dies gilt erst recht, wenn er auch für weitere Auftraggeber tätig wird und werbend am Markt auftritt. Das etwaige Fehlen eines Unternehmerrisikos wird durch die fehlende Weisungsgebundenheit kompensiert.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. April 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers sowie die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) für das gesamte Verfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung während seiner Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1).

Der Kläger ist Kameramann. Der Beigeladene zu 1) bietet als Dienstleistung die Erstellung von Rohmaterial für EB-Video-Produktionen an, seine Auftraggeber sind öffentlich-rechtliche und private Sendeanstalten sowie Produzenten. Der Kläger wurde in der Zeit vom 6. Dezember 2007 bis 22. November 2008 jeweils an mehren Tagen für verschiedene Produktionen beantragt. Er berechnete dem Beigeladenen zu 1) dafür ein Honorar von 250,- € je Drehtag, 25,- € je angefallener Überstunde und stellte ihm auch gelegentlich Fahrtkosten in Rechnung. Auf die Honorarsumme berechnete der Kläger jeweils Mehrwertsteuer.

Am 23. Mai 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status in Bezug auf seine Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1). Er sei als freiberuflicher Kameramann für mehrere Auftraggeber tätig. Er könne frei entscheiden, ob er einen Dreh mache oder ihn absage. Beim Dreh sei er nicht weisungsgebunden und könne selbst über kreative Abläufe entscheiden.

Nach Rückfrage bei dem Beigeladenen zu 1) und dem Kläger zu den Umständen der Tätigkeit hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) dazu an, dass sie beabsichtige, ab dem 6. Dezember 2007 das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung festzustellen. Ungeachtet der dazu von dem Beigeladenen zu 1) erhobenen Gegenvorstellungen entschied die Beklagte durch an den Kläger und an den Beigeladenen zu 1) gerichteten Bescheid vom 20. März 2009, dass der Kläger seine Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) ab dem 06. Dezember 2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Ein Kameramann gehöre in der Regel nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern. Der Kläger sei in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert und habe vorgegebene Drehzeiten sowie am Arbeitsort die Vorgaben des Autors/Redakteurs zu beachten. Die erforderliche Ausrüstung werde gestellt. Auch fehle das für Selbständige typische unternehmerische Risiko, da der Kläger kein eigenes Kapital einsetze.

In ihrem Widerspruch erklärte der Beigeladene zu 1), dass der Kläger keinem Direktionsrecht unterliege, vielmehr die inhaltlichen und gestalterischen Vorstellungen zu Sendebeiträgen mit dem Autor/Redakteur bespreche. Weiter werde ignoriert, dass der Kläger darüber entscheide, ob die vorhandene Technik ausreichend sei und dass ihm die Gestaltung seiner Bilder selbständig obliege. Der Kläger begründete seinen Widerspruch damit, dass sich aus den tatsächlichen Umständen seiner Tätigkeit ergebe, dass er selbständig sei. Auch gebe es in seinen Verträgen keinerlei Regelungen über Urlaub.

Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 1. und 2. Dezember 2009 zurück. Die Tätigkeit des Klägers als Kameramann trage keinen programmgestaltenden Charakter. Er sei wie ein beschäftigter Kameramann in die Arbeitsabläufe des Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Er trage kein Unternehmerrisiko und setze auch kein eigenes Kapital ein.

Dagegen richtet sich die am 13. Dezember 2009 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage. Durch Bescheid vom 26. April 2010 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 20. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2009 dahingehend abgeändert, das...

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