Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Rückforderung von Arbeitslosenhilfe wegen Verschweigens von Einnahmen aus einer Erwerbstätigkeit. Beweislast zum Umfang der Tätigkeit bei Abgabe einer wahrheitswidrigen Nebenverdienstbescheinigung
Orientierungssatz
1. Hat ein Arbeitnehmer in einer gegenüber der Bundesagentur für Arbeit vorlegten Nebenverdienstbescheinigung wahrheitswidrige Angaben übermittelt, so geht eine im sozialgerichtlichen Verfahren über die rückwirkende Aufhebung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bestehende Unaufklärbarkeit hinsichtlich der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen und des bezogenen Einkommens zu seinen Lasten. Insoweit genügt es als Rechtsverteidigung gegen die nachträglich erfolgte Aufhebung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht, lediglich pauschal die Fehlerhaftigkeit von beschlagnahmten Unternehmensunterlagen zu behaupten.
2. Einzelfall zur Rückforderung von Leistungen zur Arbeitslosenhilfe wegen fehlerhaft mitgeteilter Nebenverdienste (hier: Rückforderung bejaht).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Monate Dezember 2002 und Januar 2003, über die vollständige Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeiträume vom 18. März 2003 bis 14. Dezember 2003, 19. Januar 2004 bis 10. März 2004 und 15. März 2004 bis 2. Juni 2004 sowie damit verbunden die Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 13.194,61 € zzgl. der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeiträume vom 1. April 2003 bis 31. Mai 2003, 1. August 2003 bis 18. Dezember 2003, 1. bis 29. Februar 2004 und 1. April 2004 bis 2. Juni 2004 in Höhe von noch 1.789,82 €.
Der 1960 geborene verheiratete Kläger war von 1984 bis zum 31. Dezember 1997 als Maschinist bei der B B beschäftigt. Seit 1998 befand er sich wiederholt im Leistungsbezug bei der Beklagten und erhielt Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld und Anschluss-Unterhaltsgeld. Vor dem hier streitbefangenen Zeitraum bezog der Kläger zuletzt bis zum 11. Juli 2002 Arbeitslosenhilfe.
Mit am 11. Juni 2002 unterschriebenen Formularantrag beantragte der Kläger die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe ab dem 12. Juli 2002. Die Frage zu Ziff. 2a des Antragsformulars (Ich übe weiterhin eine Beschäftigung/Tätigkeit aus) verneinte der Kläger der Kläger durch Ankreuzen mit „nein„. Durch seine Unterschrift ebenfalls vom 11. Juni 2002 bestätigte der Kläger den Erhalt und die Kenntnisnahme des Merkblattes Nr. 1 für Arbeitslose “Ihre Rechte - Ihre Pflichten„.
Die Beklagte gewährte ihm daraufhin ab dem 12. Juli 2002 weiter Arbeitslosenhilfe (vom 12. Juli 2002 bis zum 31. Dezember 2002 in Höhe von 230,09 € wöchentlich/32,87 € täglich [Bemessungsentgelt 555 € wöchentlich/Leistungsgruppe C/1 Kind] und vom 1. Januar 2003 bis zum 11. Juli 2003 in Höhe von 228,83 € wöchentlich/32,69 € täglich [Bemessungsentgelt unverändert gerundet 555 € wöchentlich/Leistungsgruppe C/1 Kind]).
Ausweislich eines Telefonvermerks vom 26. November 2002 erhielt die Beklagte die Mitteilung, der Kläger sei seit dem 25. November 2002 in „„. In der Folgezeit gingen bei der Beklagten für eine Nebentätigkeit des Klägers „Winterdienst„ Bescheinigungen über Nebeneinkommen für die Monate November 2002, Dezember 2002, Januar 2003, Februar 2003, März 2003 und April 2003 wie folgt ein:
Am 13. Dezember 2002 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen der vom 11. Dezember 2002 ein. In dieser Bescheinigung wurde dem Kläger für die 48. Kalenderwoche (vom 25. bis 29. November 2002) ein Arbeitsentgelt in Höhe von 30,68 € bei 5 Arbeitsstunden mit einer Arbeitsaufnahme am Montag, den 25. November 2002, bescheinigt. Am 16. Januar 2003 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen der P(im Folgenden: P) für den Monat Dezember 2002 mit einem bescheinigten Arbeitsentgelt von 160,38 € bei wöchentlich nicht mehr als 5,6 Arbeitsstunden und einer monatlichen Arbeitszeit von 22,4 Stunden ein. Am 17. Februar 2003 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen der P(im Folgenden ebenfalls: P) für den Monat Januar 2003 mit einem bescheinigten Arbeitsentgelt von 161,96 € bei wöchentlich nicht mehr als 5,1 Arbeitsstunden und einer monatlichen Arbeitszeit von 22,62 Stunden ein. Am 13. März 2003 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen der P für den Monat Februar 2003 mit einem bescheinigten Arbeitsentgelt von 153,39 € bei wöchentlich nicht mehr als 5,00 Arbeitsstunden und einer monatlichen Arbeitszeit von 20,00 Stunden ein. Am 16. April 2003 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen der P für den Monat März 2003 mit einem bescheinigten Arbeitsentgelt von 160,51 ...