Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfrageverfahren. Wahlrecht der Beteiligten. keine Weiterleitung des Statusfeststellungsantrags durch erstangegangene DRV Bund an Einzugsstelle. kein Wiederaufleben des Wahlrechts bei Fehlverhalten des Versicherungsträgers. Nichtzuständigkeitserklärung einer Behörde und Weiterleitung des Antrags ist keine ablehnende Feststellung iS eines Verwaltungsaktes. Versicherungspflicht einer Tätigkeit als "Geschäftsführer" im Betrieb der Ehefrau
Orientierungssatz
1. Den Beteiligten nach § 7a SGB 4, dh Arbeit- bzw Auftragnehmer einerseits und Arbeit- bzw Auftraggeber andererseits, steht ein Wahlrecht zu, ob sie den versicherungsrechtlichen Status durch die für den Arbeit-/Auftragnehmer zuständige Einzugsstelle oder durch die DRV Bund klären lassen wollen. Macht ein Beteiligter von seinem Wahlrecht Gebrauch, ist der Sozialversicherungsträger, bei dem der erste Antrag eingeht, hieran gebunden. Nur in den in § 7a Abs 1 S 2 SGB 4 geregelten Fällen, in denen die Einzugsstelle einen entsprechenden Antrag bei der DRV Bund zu stellen hat, besteht ein solches Wahlrecht nicht. Für keine Konstellation ist indes gesetzlich eine Weiterleitung des Statusfeststellungsantrags durch die erstangegangene DRV Bund an die Einzugsstelle vorgesehen.
2. Sofern das den nach § 7a SGB 4 Beteiligten zustehende Wahlrecht verbraucht ist, lässt ein Fehlverhalten der angegangenen oder zuständigen Versicherungsträger es nicht erneut aufleben.
3. Eine Regelung iS von § 31 S 1 SGB 10 liegt vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, dh durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt hat Die Erklärung einer Behörde, für die Bearbeitung eines Antrags nicht zuständig zu sein, ist in Verbindung mit der gleichzeitigen Weiterleitung des Antrags an die vermeintlich zuständige Behörde keine ablehnende Feststellung im og Sinne, da sie keine materiell-rechtliche Feststellung trifft.
4. Zur Rentenversicherungspflicht einer im Rahmen eines Arbeitsvertrags ausgeübten Tätigkeit als "Geschäftsführer" im Betrieb der Ehefrau.
Normenkette
SGB IV § 7a Abs. 1 Sätze 1-3; SGB X § 31 S. 1, §§ 41, 42 S. 1; SGG § 75 Abs. 5; BGB § 622; BUrlG § 2; TarifVG § 1
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 19.08.2015; Aktenzeichen B 12 KR 21/13 R) |
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben, soweit es festgestellt hat, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit im Friseursalon der Beigeladenen zu 1) vom 01. Januar 2000 bis zum 31. Mai 2008 nicht der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung unterlegen habe. Insoweit werden die Klagen abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klageverfahren trägt die Beklagte zu 1) zu 3/8. Im Übrigen sind für das Klageverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beigeladene zu 2) zu 3/4 und der Kläger zu ¼. Die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten tragen diese selbst.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Tätigkeit im Betrieb seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 1).
Letztere ist gelernte Friseurmeisterin und betreibt seit Januar 1985 einen Friseursalon in der S Allee in B. Zwischenzeitlich ist das Unternehmen nach Angaben des Klägers auf insgesamt 26 Filialen mit 130 Angestellten gewachsen. Der Kläger, ein gelernter Werkzeugmacher, war von Januar 1991 bis Dezember 2000 Mitglied der Beklagten zu 2), anschließend mindestens bis zum 31. Mai 2008 Mitglied der Beklagten zu 1). Er schloss mit der Beigeladenen zu 1) unter dem 02. Januar 1991 einen "Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte", wonach er ab dem 01. Januar 1991 als Geschäftsführer mit einem monatlichen Nettogehalt von 2.000,00 DM tätig werden sollte. Unter dem 01. Mai 2001 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen neuen "Arbeitsvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer". Der von den Vertragspartnern unter dem 01. Februar 2002 geschlossene Arbeitsvertrag sieht als wesentliche Änderung einen Bruttomonatslohn von 3.673,00 Euro für die Zeit ab dem 01. Februar 2002 vor. Alle drei Verträge enthalten eine gleichlautende Klausel, nach der die Aufhebung, Änderung und Ergänzung des Arbeitsvertrages der Schriftform bedürfen und mündliche Vereinbarungen, auch soweit sie sich auf die Aufhebung der Schriftform beziehen, nichtig sind. Spätere Vereinbarungen sahen die Überlassung eines Dienstfahrzeuges an den Kläger sowie eine Erhöhung des Monatslohnes ab dem 01. August 2005 auf 4.800,00 Euro Brutto vor. Unter dem 03. Februar 2003 erteilte die Beigeladene zu 1) dem Kläger für elf im einzelnen aufgeführte Friseursalons eine Generalvollmacht, durch die er berechtigt wurde, sie in sämtlichen geschäftlichen Angelegenheiten ohne Bindung an die Beschränkungen d...