Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. endgültige Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung. Erstattungsforderung. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. selbständige Arbeit. Bildung des monatlichen Durchschnittseinkommens für den Bewilligungszeitraum bzw Aufteilungszeitraum. keine Verkürzung durch Abmeldung aus dem Leistungsbezug
Leitsatz (amtlich)
Die gesetzlich vorgegebene Dauer des Bewilligungszeitraums im Sinne eines Verteilzeitraums kann nicht durch die "Abmeldung" aus dem Leistungsbezug verkürzt werden.
Orientierungssatz
Die in § 3 Abs 4 AlgIIV 2008 normierte, gleichmäßige monatliche Aufteilung der Einnahmen aus selbständiger Arbeit - abweichend von ihrem Zufluss und ohne Überprüfung, ob sie in diesem Monat tatsächlich zur Bedarfsdeckung zur Verfügung standen - steht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs 1 Nr 1 SGB 2 in Einklang und verstößt nicht gegen höheres Recht (vgl BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 1/13 R = BSGE 114, 136 = SozR 4-4200 § 11 Nr 64).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die (endgültige) Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Mai bis Juli 2013 und die Rechtmäßigkeit einer gegen den Kläger gerichteten Erstattungsforderung für in diesem Zeitraum vorläufig erbrachte Leistungen.
Der Beklagte gewährte dem 1965 geborenen, alleinlebenden, als Historiker selbständig tätigen Kläger auf dessen Antrag vom 21. März 2013, dem u.a. die Anlage „Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit“ beigefügt war, für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 767 Euro (382 Euro als Regelbedarf, 385 Euro als Bedarfe für Unterkunft und Heizung) ohne Einkommensanrechnung (Bescheid vom 17. April 2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2013). Zur Begründung hieß es, die Einnahmen bzw. Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit seien im Bewilligungszeitraum aufgrund der Angaben des Klägers zunächst vorläufig festgesetzt worden. Am 4. Juli 2013 meldete sich der Kläger zunächst telefonisch und am Folgetag auch schriftlich zum 1. August 2013 aus dem Leistungsbezug ab, weshalb mit Bescheid vom 4. Juli 2013 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 1. August 2013 aufgehoben und als Grund für die Aufhebung die „Eigene Abmeldung“ genannt wurde. Im August 2013 war der Kläger auf Werkvertragsbasis in D beim Sächsischen Hauptstaatsarchivtätig, wobei er ursprünglich davon ausgegangen war, dass seine Tätigkeit in D länger dauern würde. Seine Wohnung in Berlin behielt er in dieser Zeit bei; in D wohnte er bei einem Freund. In der abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) vom 28. November 2013 gab der Kläger an, in der Zeit von Mai bis Oktober 2013 Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 9.316 Euro (Mai: 115 Euro, Juni: 120 Euro, Juli: 120 Euro, August: 8.841 Euro, September: 120 Euro, Oktober: 0,00 Euro) gehabt zu haben. Die Betriebsausgaben hätten sich in dieser Zeit auf insgesamt 562,20 Euro (Mai: 21,20 Euro, Juni: 28 Euro, Juli: 34 Euro, August: 190 Euro, September 189,30 Euro, Oktober: 99,70 Euro) belaufen.
Im Rahmen der abschließenden Entscheidung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2014 den Antrag des Klägers vom 21. März 2013 auf Leistungen für die Zeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Oktober 2013 mangels Hilfebedürftigkeit ab, wobei er bei einem Bedarf in Höhe von 767 Euro ein Durchschnittseinkommen im Bewilligungszeitraum (Mai 2013 bis Oktober 2013) bildete und ein monatlich zu berücksichtigendes Gesamteinkommen aus selbständiger Tätigkeit von 1.158,97 Euro (Betriebseinnahmen von 1.552,67 Euro abzüglich: Betriebsausgaben von 93,70 Euro, Grundfreibetrag von 100 Euro und Freibetrag auf das Erwerbseinkommen von 200 Euro) ermittelte. Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 2014 forderte der Beklagte von dem Kläger die Erstattung von insgesamt 2.301 Euro (3 x 767 Euro - jeweils 382 Euro Regelbedarf und 385 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung ) betreffend die Zeit von Mai bis Oktober 2013.
Der Kläger legte Widerspruch unter Verweis auf die Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juli 2013 zum Aktenzeichen S 197 AS 15266/10 u.a. mit der Begründung ein, ihm seien für die Zeit von Mai bis Juli 2013 Leistungen in Höhe seines Bedarfs, d.h. ohne Anrechnung von Einkünften, zu bewilligen. Der Erstattungsbescheid sei aufzuheben. Er habe mit Ablauf des 31. Juli 2013 auf Leistungen verzichtet. Damit sei der Bewilligungszeitraum verkürzt worden. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben für die Zeit ab August 2013 seien daher nicht zu berücksichtigen. In...