Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitssuchende. Eingliederungsleistungen. dreijährige Ausbildung zur Ergotherapeutin. Abgrenzung der Berufsausbildung von der beruflichen Weiterbildung. Bildungsgutschein. Ermessen. Berufsfachschule

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Abgrenzung zwischen beruflicher Aus- und Weiterbildung richtet sich ausschließlich nach objektiven Kriterien. Maßgeblich ist die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht hingegen die subjektive Perspektive des Teilnehmers. Es ist daher unerheblich, ob es sich für ihn um eine erste Bildungsmaßnahme handelt oder um eine zweite Maßnahme bei bereits vorliegendem Berufsabschluss.

 

Normenkette

SGB II § 16 Abs. 1 S. 2, Abs. 1a, 2 S. 1; SGB III § 60 Abs. 1, § 77 Abs. 1, § 85 Abs. 2 Sätze 2-3; ErgThG § 4 Abs. 4; BAföG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 2-3, Art. 12 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt zuletzt nur noch die Neubescheidung eines Antrags auf Förderung der Ausbildung zur Ergotherapeutin durch die Beklagte.

Sie ist 1980 geboren und beendete im August 1998 erfolgreich eine Ausbildung zur Assistentin in Bibliotheken, einem ehemaligen Ausbildungsberuf nach § 25 Berufsbildungsgesetz mit einer Ausbildungsdauer von zwei Jahren. Danach nahm sie keine versicherungspflichtige Tätigkeit (mehr) auf. Von 1999 bis 2005 besuchte sie ein Kolleg, um das Abitur nachzuholen, was letztlich nicht gelang. Seit Januar 2006 erhält sie von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Schreiben vom 01. März 2007 teilte die Akademie der Gesundheit B, eine staatlich anerkannte Schule für Ergotherapeuten, der Klägerin mit, sie sei zur Ausbildung zur staatlich anerkannten Ergotherapeutin ab dem 1. April 2007 zugelassen. Die Ausbildung sollte drei Jahre dauern. Zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages ist es jedoch bis heute nicht gekommen.

Die Beklagte lehnte die von der Klägerin am 20. März 2007 beantragte Förderung der Ausbildung zur Ergotherapeutin unter Hinweis auf einen Beschluss des 6. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg (vom 29. November 2005 - L 6 B 388/00 AL ER, juris) vornehmlich mit der Begründung ab, dass es sich bei der streitigen Bildungsmaßnahme nicht um eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung im Sinne des § 77 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) handele, sondern um eine berufliche Ausbildungsmaßnahme (Bescheid vom 18. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02. August 2007).

Die anschließend erhobene Klage, mit der die Klägerin zuletzt beantragt hatte, die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen den Antrag auf Umschulung zur Ergotherapeutin, hilfsweise, zu einem anderen Beruf mit qualifiziertem Abschluss, ermessensgerecht zu bescheiden, ist erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgericht ≪SG≫ Berlin vom 23. November 2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Förderung der Ausbildung zur Ergotherapeutin wegen § 85 Abs 2 Satz 3 SGB III ablehnen müssen, da die Klägerin eine eigenständige Finanzierung des dritten Ausbildungsjahres vor Beginn der Maßnahme nicht habe sicherstellen können. Zu übrigen Ausbildungen habe die Beklagte keine besonderen Ermessenserwägungen anstellen müssen. Sie habe die Notwendigkeit einer beruflichen Umorientierung grundsätzlich anerkannt und nicht generell Weiterbildungsmaßnahmen abgelehnt oder auf die angebotenen kaufmännischen Tätigkeiten verengt. Es sei zunächst Sache der Klägerin, nach Mitteilung möglicher Ausbildungswünsche, deren Förderungsfähigkeit feststellen zu lassen.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zunächst ihre zuletzt bereits erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt. Nachdem sie vom Senat auf die Unzulässigkeit des Hilfsantrags hingewiesen worden war (Schreiben des Berichterstatters vom 07. März 2008), hat sie diesen zurückgenommen und nur noch beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. August 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag auf Förderung der Weiterbildung zur Ergotherapeutin für die Dauer von drei Jahren bei der Akademie für Gesundheit Bunter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG und ihre Bescheide für zutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, sowie die die Klägerin betreffende Leistungsakte und die Förderakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entsche...

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