Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsehe. gesetzliche Vermutung. Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Motive der Eheschließung
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung großer Witwenrente (WR) aus der Versicherung des am 15. Juni 2003 verstorbenen H M S (im Folgenden: Versicherter).
Die 1953 geborene Klägerin lebte mit dem 1954 geborenen Versicherten, den sie 2002 heiratete, nach eigenen Angaben seit Ende 1999/Anfang 2000 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Der Versicherte hatte seit 01. Mai 1996 von der früheren Landesversicherungsanstalt (LVA) Berlin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bezogen (Zahlbetrag ab 01. Juli 1999 = monatlich 1.128,09 DM). Die Klägerin erzielte aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit als Inhaberin einer Cocktail-Bar im Jahr 2001 ein zu versteuerndes Einkommen von 3.599,- DM; in den Jahren 2002 und 2003 wurde auf eine Steuerfestsetzung ganz verzichtet (Bescheinigung des Finanzamtes Charlottenburg vom 9. August 2007).
Bei dem Versicherten wurde erstmals im August 1999 ein Bronchialkarzinom diagnostiziert, dessen ausgedehnte Lymphknoten-Metastasierung mit Pleurakarzinose im August 2000 (stationärer Aufenthalt vom 14. August bis 26. August 2000 im Universitätsklinikum C) gesichert wurde; die Therapie erfolgte palliativ in der onkologischen Spezialambulanz der C, und zwar in Gestalt einer Chemotherapie ab 19. September 2000. Nach einer neuerlichen, im Mai 2001 festgestellten Tumorprogression unterzog sich der Versicherte einer weiteren Chemotherapie, die zunächst zu einer Stabilisierung der Erkrankungssituation führte. Nach einer weiteren - stationär vom 30. April 2002 bis 01. Mai 2002 durchgeführten - Chemotherapie und Feststellung einer Hirnmetastasierung im Oktober 2002 wurde eine Ganzhirnbestrahlung bei schwerster neurologischer Symptomatik des Versicherten durchgeführt. Im Dezember 2002 fand wegen der Stammhirnkompression eine palliative Hirnmetastasenentfernung statt; der Versicherte befand sich zuvor vom 30. Oktober 2002 bis 12. November 2002 in stationärer Behandlung, in deren Verlauf er und die Klägerin heirateten. Nach der Hirnoperation schloss sich ein erneuter stationärer Aufenthalt wegen einer progredienten schweren Dyspnoe vom 27. Dezember 2002 bis 18. Januar 2003 an. Die palliative Chemotherapie wurde anschließend fortgesetzt, in der C letztmalig am 01. April 2003. Nach dem “chemotherapeutisch ausbehandelten Tumorleiden„ stellte sich der Versicherte erstmals am 4. April 2003 zur Einleitung einer Therapie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor bei dem Fachkrankenhaus für Lungenheilkunde und Thoraxchirurgie B vor. Am 2003 verstarb der Versicherte in diesem Krankenhaus, nachdem er zuvor am 16. April 2003 stationär aufgenommen worden war.
Im September 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von WR. Sie gab an, zum Zeitpunkt der Eheschließung sei nicht mit dem Tod des Versicherten zu rechnen gewesen. Sie habe ihn bis Mai 2003 gepflegt, danach sei er ins Krankenhaus gekommen. Da sie selbstständig sei, habe sie ihren Lebensunterhalt vor und während der Ehe selbst bestritten. Mit Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, dass im Hinblick auf die gesetzliche Vermutung in § 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) davon auszugehen sei, dass die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung gewesen sei. Diese gesetzliche Vermutung habe die Klägerin nicht widerlegen können.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, der Tod des Versicherten am 2003 sei aus medizinischer Sicht völlig unerwartet und zuvor nicht absehbar gewesen. Dies ergebe sich aus den eingereichten ärztlichen Unterlagen der C. Schließlich habe sich der Versicherte nach der Beendigung der Chemotherapien in der C im April 2003 ohne wesentliche Beschwerden zur Einleitung einer Therapie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor bei dem Fachkrankenhaus für Lungenheilkunde und Thoraxchirurgie vorgestellt. Dies sei nur für Patienten möglich gewesen, die noch eine längere Lebensdauer gehabt hätten. Von Beginn der eheähnlichen Lebensgemeinschaft an habe die Absicht bestanden zu heiraten. Diese Absicht hätten sie und der Versicherte schließlich am 10. November 2002 verwirklicht, und zwar als Zeichen der gegenseitigen Liebe und als “psychischen Moment der Stärkung und des inneren Aufbaus„ für den Versicherten, dem eine schwere Hirnoperation bevorgestanden habe. Sie sei seit 1987 als Inhaberin einer Cocktailbar wirtschaftlich unabhängig und habe ein ausreichendes eigenes Einkommen und mehrere Kapitallebensversicherungen, die in den Jahren 2008, 2016 und 2017 fällig würden. Eine Grundversorgung s...