Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Make-up Artist. Visagistin. Maskenbildnerin. Fernsehproduktion. Kochshow. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Vertragsverhältnis. Parteiwille
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Versicherungspflicht einer Visagistin (Make-up Artist, Maskenbildnerin), die das Haar- und Maskenbild der für einen Tag von der Produktionsfirma gebuchten Künstlerin zu erstellen sowie deren Betreuung während des Produktionstages zu übernehmen hatte.
2. Dem Willen der Vertragsparteien in Bezug auf die Regelung einer selbständigen Tätigkeit kommt sozialversicherungsrechtlich keine ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn sowohl die konkrete Vertragsgestaltung als auch die tatsächlichen Gegebenheiten überwiegend für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Normenkette
KSVG § 1; SGB IV § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Sätze 1-2, § 7a Abs. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 138, 611, 611a; GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; SGG § 54 Abs. 1, §§ 56, 197a; VwGO § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. November 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1., einer Visagistin (Makeup Artistin), die für einen Tag auf der Grundlage eines mit der Klägerin geschlossenen Vertrages das Haar- und Maskenbild der für diesen Tag gebuchten Künstlerin T für die Fernsehserienproduktion „ S“ entworfen und erstellt sowie die Künstlerin während der Produktion maskenbildnerisch betreut hat.
Die Klägerin, Tochter eines britischen Medienkonzerns mit Sitz in Berlin, produziert Sendungen für das deutschsprachige, öffentlich-rechtliche und private Fernsehen, darunter das frühere Format „P“.
Die 1982 geborene Beigeladene zu 1. hat den Beruf der Friseurin erlernt. Sie ist ausweislich ihrer Homepage (www..de) als selbständige Haar- und Make-Up-Künstlerin („hair & make up artist“) tätig. Seit 2016 war und ist sie in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung nach § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) pflichtversichert (Bescheid der Beigeladenen zu 4. vom 27. Juni 2016) und als sonstige Einzelgewerbetreibende tätig (Bescheinigung des Finanzamts Friedrichshain-Kreuzberg vom 8. Mai 2018).
Am 12. Juli 2018 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1. (die im Vertrag als „Vertragspartner“ bezeichnet wird) den der gegenständlichen Tätigkeit zugrunde liegenden und mit „Werkvertrag“ überschriebenen Vertrag. Nach dessen § 1 beauftragte die Klägerin bezüglich der Produktion für den Sender V „ S die Beigeladene zu 1. als „Make Up Artist - Visagistin“ mit dem Entwurf und der Erstellung des Maskenbildes der neben anderen Künstlern für die Sendung gebuchten Choreografin und Tänzerin T Als Ablieferungstermin des Werks bei der Klägerin war der 2018 oder der 2018 bestimmt. Der Termin habe nach vorheriger terminlicher Abstimmung mit dem Vertragspartner aus produktionsbedingten Gründen verschoben werden können. Als Vergütung war eine Pauschale von 600 € zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer vereinbart.
Nachfolgend enthielt der Vertrag folgende Bestimmungen:
§ 2 Werkauftrag
1. I beauftragt den Vertragspartner in freier und künstlerischer Arbeit mit der Herstellung des Haar- und Maskenbildes (nachfolgend zusammenfassend „Werk“ genannt).
Bei der Produktion handelt es sich um eine Kochshow. Das der Produktion zugrunde liegende Konzept ist dem Vertragspartner bekannt und wurde im Einzelnen mit ihm abgestimmt.
2. Der Vertragspartner verantwortet den Entwurf und die Gestaltung des Haar- und Maskenbildes von T für die Produktion. In den Werkleistungen des Vertragspartners sind sämtliche Vorarbeiten und Nebenleistungen gemäß unter § 2 Ziff. 3 aufgeführten Leistungskataloges eingeschlossen, insbesondere die Anfertigung von Entwürfen, eventuell Proben, Arbeits- und Dispositionspläne und die künstlerische Beratung und Betreuung, vor und während des Showzeitraums, gemäß dem zwischen den Parteien abgestimmten Produktionsplan.
3. Der Vertragspartner sichert im Rahmen der Honorarpauschale folgenden Leistungskatalog zu:
- die Herstellung bzw. Bereitstellung des allgemeinen Maskenmaterials
- die Betreuung am Aufzeichnungstag
Darüber hinaus umfasst die Werkleistung des Vertragspartners sämtliche vorbereitende, mit der Anfertigung des Maskenbildes in Zusammenhang stehende erforderliche Tätigkeiten wie u.a. Maskenproben, die Teilnahme an Besprechungen während des Produktionszeitraums sowie die vollumfängliche Betreuung aller zuvor genannten Beteiligten im Bild nach Absprache, hinsichtlich zu erwartenden Nachschminkarbeiten während der Aufzeichnung. Der Vertragspartner trägt in diesem Zusammenhang Sorge für den reibungslosen Ablauf der Produktion.
4. Der Vertragspartner verpflichtet sich, das Werk ...