Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Visagistin. Tätigkeit bei einer Fernsehproduktion im Auftrag einer Dritten (Agentur). Dreiecksverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Zur Versicherungspflicht einer Visagistin, die bei einer Fernsehproduktion im Auftrag einer Dritten (Agentur) tätig wurde.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. März 2014 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte 6/7 und die Klägerin 1/7; die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: die Beigeladene) in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung für einzelne Tage, an denen sie für das von der Klägerin betriebene Unternehmen in der Zeit vom 1. Juni 2010 bis 24. Mai 2012 tätig war.
Die Klägerin betrieb eine Agentur für Visagisten/Maskenbildner unter dem Namen “M„. Zu ihren Kunden gehörte der Fernsehkanal “C„, ein deutschsprachiger Teleshopping-Sender mit Sendezentrum in Hannover. Mit diesem hatte sie einen Dienstleistungsvertrag geschlossen, wonach sie Einzelaufträge erhielt, für Fernsehproduktionen, respektive deren Moderatoren/Moderatorinnen und Gäste, u.a. das Make-up und Styling zu erstellen sowie die Betreuung während der Live-Sendungen zu übernehmen. Zur höchstpersönlichen Leistungserbringung war sie nicht verpflichtet, vielmehr zum Einsatz von zuverlässigen, mit der erforderlichen fachlichen Qualifikation ausgestatteten, Erfüllungsgehilfen berechtigt (§ 1 und § 2 des Dienstleistungsvertrags). Die Vergütung von Channel 21 als Auftraggeber an die Klägerin als Auftragnehmerin erfolgte nach Stunden, dazu hatte die Klägerin Channel 21 monatlich für den vorhergehenden Monat eine Rechnung zu übermitteln, die nach 30 Tagen zur Fälligkeit der Vergütung führte (§ 4 des Dienstleistungsvertrags). Für Personen- und Körperschäden, die bei Ausführung der Leistungen, auch durch die Erfüllungsgehilfen der Klägerin, entstehen, haftete die Klägerin C gegenüber nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 5 des Dienstleistungsvertrags). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den von beiden Seiten unterzeichneten Dienstleistungsvertrag Bezug genommen.
Die Beigeladene ist Visagistin. Sie hat sich nach eigenen Angaben seit 2010 als selbständige Maskenbildnerin, Fotografin und Hairstylistin selbständig gemacht. Sie mietete dafür ein Studio an (wohl seit 2011), tritt seither (u.a. mit eigener Web-Seite) unter ihrem Namen am Markt auf. Die Beigeladene war ab Juni 2010 als Make-up Artist in der Maske des Teleshopping-Senders “C„ an folgenden einzelnen Tagen tätig. Für Dezember 2011 konnten keine konkreten Einsatztage ermittelt werden.
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Monat |
Tage |
Juni 2010 |
1., 14., 28. |
Juli 2010 |
2., 13., 20. - 22. |
August 2010 |
5., 9. - 11., 13., 17., 26., 30. |
September 2010 |
1.-2., 8., 14., 16. -17., 23.-24., 28., 30. |
Oktober 2010 |
14., 18., 20.-21., 25., 28.-29., |
November 2010 |
2., 12., 19., 22., 24., 29.-30. |
Dezember 2010 |
1., 3., 6., 10., 19., 27. |
Januar 2011 |
15., 17. - 18., 27., 31. |
Februar 2011 |
1.-2., 4., 11., 18., 25. |
März 2011 |
2., 4., 17.-18., 24.-25., 28., 31. |
April 2011 |
7., 19.-22., 26.-27. |
Mai 2011 |
2., 6,. 16., 19.-20., 23. |
Juni 2011 |
1.-2., 9., 15., 28., 30. |
Juli 2011 |
6.-7., 14. |
August 2011 |
1., 5., 10., 18., 21. |
September 2011 |
8.-9-. 15., 19., 26., 29. |
Oktober 2011 |
3., 10.-11., 31. |
November 2011 |
2., 4., 9., 14. 21., 23. |
Dezember 2011 |
Keine Angabe der Einzeltage |
Januar 2012 |
5.-6., 9., 11., 13., 25. |
Mai 2012 |
24. |
Die Beauftragung der Beigeladenen durch die Klägerin erfolgte jeweils fernmündlich. Die Beigeladene erstellte für die Einsätze monatlich unter ihrem Namen (“A P hair & make up art„) jeweils an die Firma und Adresse des Unternehmens der Klägerin (“M„) Rechnungen unter Angabe von Umsatzsteuer, zudem verbunden mit einem Stundenzettel, der mit “C„ als Logo überschrieben war. Es ergab sich ein durchschnittliches Stundenhonorar von 17,00 Euro (z.B. für 7 Stunden: 119,00 Euro). Die monatlichen Einkünfte der Beigeladenen aus diesen Einsatztagen bewegten sich zwischen 202,00 Euro und 1.955,00 Euro monatlich.
Die Beigeladene beantragte am 17. Oktober 2011 bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status in ihrer Tätigkeit für die Klägerin und gab im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahrens an,
- für die Ausübung ihrer Tätigkeit eine Gesellschaft in Gestalt der “M & C UG„ gegründet zu haben,
- sie sei neben dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis hauptberuflich selbständig tätig und
- das Arbeitseinkommen aus dieser Tätigkeit stelle den überwiegenden Teil des Gesamteinkommens dar,
- für mehrere Auftraggeber tätig zu sein,
- nach Vorgabe durch Moderatoren, Sendeleitung und individuellem Geschmack zu schminken,
- eine direkte Kontrolle durch die Klägerin erfolge nur indirekt über das Feedback des Senders und der Moderatoren,
- die Arbeitszeiten seien an die Vorga...