Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragsbemessung versicherungspflichtiger Rückkehrer in die gesetzliche Krankenversicherung und bisher nicht Versicherter nach § 240 SGB 5. Berücksichtigung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG. Verfassungsmäßigkeit der höheren Beitragsleistungspflicht

 

Orientierungssatz

1. Die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG stellt nicht per se keine Einnahme im Sinne des § 240 Abs 1 SGB 5 dar (vgl LSG Mainz vom 03.11.2011 - L 5 KR 203/10). Sie kann nicht gleichgestellt werden mit der Grundrente nach § 31 BVG.

2. Die höhere Beitragsleistungspflicht der nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 Pflichtversicherten sowie freiwillig versicherten Rentenbezieher durch Berücksichtigung anderer Einnahmen als den Renten gegenüber den Versicherten in der KVdR (§ 5 Abs 1Nr 11 SGB 5) stellt keine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung im Sinne des Art 3 Abs 1 GG dar.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.07.2013; Aktenzeichen B 12 KR 27/12 R)

 

Tenor

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der monatliche Beitrag zur Krankenversicherung in der Zeit vom 01. März 2008 bis 30. Juni 2008 12,00 € monatlich und in der Zeit vom 01. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008 11,01 € monatlich und in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2009 14,46 € monatlich beträgt.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17 a des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz - StrRehaG -) bei der Berechnung des Beitrages zur Krankenversicherung zu berücksichtigen ist.

Der im Jahr 1947 geborene Kläger bezieht eine Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von 742,24 € (März 2007 bis Juni 2007) bzw. 746,12 € (Juli 2007 bis Juni 2008) und 754,19 € (ab Juli 2008). Er ist bei der Beklagten seit dem 01. April 2007 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 teilte ihm die Rechtsvorgängerin der heutigen Beklagten, die AOK Berlin (nachfolgend nur noch: die Beklagte) mit, dass Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ab 01. April 2007 auf Grundlage der aktuell geltenden Mindestbemessungsgrenze von monatlich 816,67 € zu entrichten seien. Die Beiträge aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalte sie vom Rentenversicherungsträger. Auf Grundlage der Differenz zur Mindestbemessungsgrenze (Auffüllbetrag) in Höhe von 74,43 € setzte sie als Beitrag für die Krankenversicherung 9,61 € monatlich fest.

Sie bestimmte mit Schreiben vom 27. Dezember 2007 den Beitrag zur Krankenversicherung auf 11,11 € monatlich ab 01. Januar 2008. Die Mindestbemessungsgrenze betrage für das Jahr 2008 828,33 €. Es werde deshalb ein Auffüllbetrag zum Mindesteinkommen in Höhe von 86,09 € berücksichtigt.

Mit Bescheid vom 25. Februar 2008 gewährte die zuständige Behörde dem Kläger erstmals die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17 a StrRehaG in Höhe von monatlich 250,00 €

Die Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 23. Juli 2008 den Beitrag zur Krankenversicherung (rückwirkend) ab 01. März 2008 auf 32,25 € monatlich fest. Das Einkommen des Klägers habe sich geändert. Ab dem Zeitpunkt seien 250,00 € zu berücksichtigen.

Der Kläger erhob Widerspruch. Die Entschädigungsleistung nach dem StrRehaG dürfte als besondere Zuwendung für Haftopfer nicht der Berechnung der Beiträge zugrunde gelegt werden. Der Anspruch sei unantastbar, unpfändbar und nicht übertragbar.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2008 zurück. Die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17 a StrRehaG sei nach der Besprechung des Arbeitskreises Versicherungen und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 06. März 2008 den beitragspflichtigen Einnahmen nach § 240 SGB V zuzurechnen. Die Zuwendung wirke sich auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus. Ihr komme eine Einkommensfunktion zu.

Da der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gesetzlich krankenversichert sei, fänden auf ihn die Grundsätze der Beitragsbemessung für freiwillig versicherte Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung Anwendung (§ 227 SGB V). Nach § 240 Abs. 1 SGB V werde die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Nach § 19 Abs. 1 der Satzung der Beklagten gehöre zu den beitragspflichtigen Einnahmen freiwilliger Mitglieder das Arbeitsentgelt sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten (bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze), ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Mit der monatlichen Entschädigungszahlung solle eine wirtschaftliche Beeinträchtigung der Haftopfer teilweise ausgeglichen werden. Sie werde unter Anrechnung bestimmter Einkommen gezahlt. Der besonderen Zuwendung komme auch keine de...

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