Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Beitragsbemessung freiwillig Versicherter. Berücksichtigung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG
Leitsatz (amtlich)
Für die Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung ist die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrRehaG) heranzuziehen.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 09.09.2010 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.11.2009 wird aufgehoben, soweit die Beklagte rückwirkend für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.09.2009 Beiträge neu festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin ¼ ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der von der Klägerin zu zahlenden Beiträge zur Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung.
Die 1943 geborene Klägerin ist seit dem 01.03.2007 freiwilliges Mitglied bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 09.05.2007 setzte die Beklagte den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung auf 123,90 € und den monatlichen Beitrag zur Pflegeversicherung auf 13,88 € fest. Dabei legte sie die gesetzliche Altersrente der Klägerin sowie eine betriebliche Altersrente zu Grunde. Mit Bescheid vom 18.06.2008 bewilligte das Land Rheinland-Pfalz der Klägerin eine besondere Zuwendung (Opferpension) nach § 17 a Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) ab dem 01.02.2008. Mit Bescheid vom 01.10.2009 setzte die Beklagte die von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge unter Berücksichtigung der Opferpension neu fest und bezifferte sie für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2008 auf monatlich insgesamt 179,11 €, für die Zeit ab 01.01.2009 auf 184,04 € und ab dem 01.07.2009 auf 180,78 €. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, die ihr gewährte Opferpension sei bei der Beitragsberechnung nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, bei der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder sei nach § 240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Aus den Gesetzesmaterialien, dem Wortlaut der Vorschrift, ihrer Zweckbestimmung und dem gesetzlichen Zusammenhang könne entnommen werden, dass der Beitragsbemessung alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbrauche oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung zu Grunde zu legen seien. Hierzu zähle auch die der Klägerin gezahlte Opferpension. Die Bescheide der Beklagten einschließlich des Widerspruchsbescheids ergingen jeweils auch im Namen der beigeladenen Pflegeversicherung.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.12.2009 Klage erhoben. Das Sozialgericht Koblenz hat durch Urteil vom 09.09.2010 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die der Klägerin gezahlte Opferpension sei der Beitragsbemessung nicht zu Grunde zu legen. Nach § 240 Abs. 1 und 2 SGB V in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung sei die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse zu regeln gewesen. Die Satzung der Beklagten habe in § 19 Abs. 1 bestimmt, dass zu den beitragspflichtigen Einnahmen alle Einnahmen und Geldmittel gehörten, die für den Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten. Die Krankenkassen könnten ihre Pflicht zu Satzungsregelungen nicht durch Generalklauseln allgemein der Rechtsprechung überlassen. Nur bei Satzungsregelungen, die für die nicht bereits anerkannten beitragspflichtigen Einnahmen wenigstens in einem gewissen Umfang konkretisierte Regelungen enthielten, könnten die Mitglieder erkennen, mit welchem Beitragsbelastungen sie zu rechnen hätten. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei zwar sicherzustellen, dass die Beitragsbelastungen die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds "berücksichtige"; andererseits heiße es in § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V, dass die Satzung mindestens die Einnahmen eines vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten berücksichtigen müssen. Diese Regelung wäre unverständlich, wenn ausnahmslos Einnahmen jeder Art und in voller Höhe herangezogen werden müssten. Demnach gehöre die Opferpension ohne entsprechende Satzungsregelung nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen von freiwilligen Mitgliedern der Beklagten. Einer Berücksichtigung stehe auch die Tatsache entgegen, dass die Opferpension weder für den Lebensunterhalt der Klägerin verbraucht worden sei noch habe verbraucht werden können. Dies ergebe sich aus § 16 Abs. 4 StrRehaG, wonach eine Berücksichtigung ...