Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Untersuchungsmaxime des Sozialgerichts bei der Geltendmachung von Folgen eines Arbeitsunfalls
Orientierungssatz
1. Für den Nachweis der Unfallkausalität sowie des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und dem Gesundheitsschaden genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG Urteil vom 24. 7. 2012, B 2 U 9/11 R).
2. Soweit der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist, muss das Gericht von allen Ermittlungsmöglichkeiten, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen, Gebrauch machen, bevor es eine Beweislastentscheidung trifft.
3. Ein Beweisantrag ist unzulässig, wenn er keine Tatsachen benennt, deren Sicherung die Beweisaufnahme dienen soll.
4. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3 SGB 7 sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden infolge der Durchführung eines Heilverfahrens. Auch objektiv nicht durch den Arbeitsunfall bedingte Heilbehandlungen können die Tatbestände des § 11 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 SGB 7 auslösen (BSG Urteil vom 6. 9. 2018, B 2 U 16/17 R).
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Februar 2018 sowie der Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2012 werden abgeändert:
Als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 9. Mai 2009 werden eine Schultersubluxation sowie eine posttraumatische Omarthrose festgestellt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erbringung weiterer Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls.
Die 1971 geborene Klägerin, die als Tagesmutter tätig ist, nahm als Kameradin der Freiwilligen Feuerwehr am 09. Mai 2009 an einem Wettkampf der Freiwilligen Feuerwehr des Amtes L teil. Beim Anschließen von Schläuchen stürzte sie und verletzte sich die rechte Schulter.
In dem von der Klägerin am 4. Juni 2009 persönlich ausgefüllten und unterschriebenen Fragebogen gab sie gegenüber der Beklagten durch Ankreuzen auf die Fragen an
„In welche Richtung stürzten Sie? - „von vorne“
„Versuchten Sie sich durch Ihren Arm abzustützen? - „ja“
„Welche Position nahm der Arm im Zeitpunkt des Sturzes ein?“ - „durchgestreckt“
„Befand sich der Arm in einer Drehbewegung?“ - „nein“.
Auf die Frage, ob sie versucht habe, den Sturz abzufangen, indem sie sich reflexartig an einem Gegenstand habe festhalten wollen, antwortete die Klägerin durch Ankreuzen „nein“. Es seien keine äußeren Verletzungszeichen oder Schwellungen zu erkennen gewesen, jedoch seien sofort Schmerzen aufgetreten.
In der Unfallanzeige des Amtes L vom 12. Mai 2009 wurde der Unfall wie folgt geschildert: „Am 09.05.2009 fand der Amtsausscheid der Freiwilligen Feuerwehr des Amtes L statt. Nach dem Aufwärmen startete Frau A beim ’Löschangriff nass’ für die FF J. Nach dem Start stützte sich Frau Amit dem rechten Arm auf der Tragkraftspritze ab. Dabei fiel Frau A hin und verdrehte sich die rechte Schulter.“
Anlässlich der Erstvorstellung am Unfalltag beim Durchgangsarzt (D-Arzt) Dr. Sch hielt dieser im Durchgangsarztbericht vom 11. Mai 2009 folgenden Unfallhergang fest: „Beim Anschließen der A-Schläuche über den Schlauch gesprungen, mit dem rechten Arm hängen geblieben und den rechten Arm verletzt.“
Es wurde folgender Befund erhoben: Rechte Schulter passiv frei beweglich, keine Pseudoparalyse, diffuse Schmerzen. Periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität intakt. Bei der Röntgenuntersuchung der rechten Schulter zeigte sich keine Fraktur und „keine weitere Pathologie“ (Durchgangsarztbericht). Die Erstdiagnose lautete „Distorsion Schulter“.
Bei einer MRT-Untersuchung der rechten Schulter vom 12. Mai 2009 zeigte sich ein regionales bone bruise in der Humeruskopfepiphyse mit kleiner kortikaler Kalotteneinkerbung, eine interstitielle Signalanhebung der Infraspinatussehne ohne tendinösen Defekt, kein Erguss und keine Flüssigkeitsansammlung in der Bursa subacromialis subdeltoidea, ein zerrungsbedingtes Kapselödem mit Übergriff auf die angrenzenden muskulären Strukturen…. sowie ein nicht dislozierter Abriss des anterioren Labrums ohne knöcherne Mitbeteiligung. Als Ergebnis wurde der Verdacht auf ein stattgehabtes Luxationstrauma mit Bankart-Läsion ohne knöcherne Avulsion, kleine Hill-Sachs-Delle, Kapselzerrung, Überdehnung der Infraspinatussehne und der glenohumeralen Ligamente festgehalten.
Die weitere Behandlung erfolgte unter den Diagnosen Schulterluxation, Läsion Infraspinatussehne und Hill-Sachs-Delle rechts (Nachschaubericht des Facharztes für Chirurgie und D-Arztes DM H, L, vom 14. Mai 2009).
Ab dem 26. Mai 2009 war die Klägerin wieder arbeitsfähig, wurde jedoch weiterhin insbesondere physiotherapeutisch behandelt (Mitteilung des D-Arztes DM H vom 4. Juni 2009).
Auf Nachfrage der Beklagte...