Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer für einen ambulanten Pflegedienst tätigen Pflegefachkraft
Orientierungssatz
Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2.Ist eine für einen ambulanten Pflegedienst tätige Pflegefachkraft in dessen Organisation eingegliedert und an die Weisungen ihres Auftraggebers gebunden, hat sie dabei ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen und erhält sie ein vereinbartes Stundenhonorar, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) und der Beigeladenen, für welche diese jeweils selbst aufzukommen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist der Sache nach die Versicherungspflicht des Klägers zu 2) im Rahmen seiner Tätigkeit als Altenpfleger für den Kläger zu 1) ab dem 1. September 2013.
Der Kläger zu 1) betreibt einen ambulanten Pflegedienst.
Der 1961 geborene Kläger zu 2) ist examinierter Altenpfleger. Er war in der Vergangenheit für verschiedene ambulante Pflegedienste tätig. Ab Mai 2011 war er zudem nach seinen (erst späteren) Angaben bei einem Pflegedienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages abhängig beschäftigt.
Am 2. September 2013 schlossen die Kläger einen „Dienstleistungsvertrag“ mit
„Einsatzzeitraum vom 01.09.13
Jeweils nach Absprache/Auftrag - siehe Dienst- und Tourenplan
Honorar 25 €/Stunde“.
Vertragsbestandteil sollten die beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers zu 1) sein. Auf diese wird ergänzend verwiesen (VV Bl. 12 ff. sowie ausschnittsweise im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils).
Der Kläger zu 2) war auf der Grundlage dieses Vertrages für den Kläger zu 1) ab 1. September 2013 bis Mai 2016 in unterschiedlichem zeitlichem Umfang tätig. Er rechnete die Vergütung jeweils monatlich ab, wobei er grundsätzlich den vereinbarten Stundensatz von 25 € ansetzte, für Feiertage und Sonntage 31,25 €.
Neben seiner Tätigkeit für den Kläger zu 1) war der Kläger zu 2) im geringeren Umfang auch für andere Pflegedienste tätig.
Am 23. Februar 2016 stellte der Kläger zu 2) einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Im Antragsformular beantwortete er die Frage 1.17 „Wird Ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt aus der zu beurteilenden Tätigkeit und/oder weiteren abhängigen Beschäftigungen die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze - JAG - (2016: 56.250 €) übersteigen?“ mit „Nein“. Er beschrieb seine Tätigkeit als „freiberuflicher Altenpfleger“ mit Honorarzahlung, die „nach Bedarf“ erfolge. Er gestalte seine Patientenbesuche und deren Abfolge zeitlich selbst, habe keine Dienstpläne, sondern werde bei Bedarf telefonisch beauftragt. Beginn und Ende der Tätigkeit organisiere er selbst. Ihm stehe es frei, den Auftrag abzulehnen. Er benutze eigene Arbeitsmaterialien wie Blutdruck- und Blutzuckermessgeräte, Handschuhe, Arbeitskleidung und Notfallverbandsmaterial. Er nutze sein eigenes Auto. Alle Patienten wüssten, dass er ein externer Mitarbeiter sei. Der Kläger zu 1) kontrolliere seine Tätigkeit nicht. Vor Ort beim Patienten befinde sich eine Pflegemappe, in welche er seine Tätigkeiten abzeichne. Regelmäßige Arbeitszeiten gebe es nicht. An Dienstbesprechungen und Schulungsmaßnahmen nehme er nicht teil. Seine Fortbildungen müsse er selbst finanzieren.
Auch der Kläger zu 1) gab an, dass der Kläger zu 2) nur bei Bedarf für ihn tätig geworden sei. Die bei ihm abhängig beschäftigten Pflegekräfte erhielten vorgeschriebene Tourenpläne mit vorgegebenen Zeiten und würden im Dienstplan zur Tätigkeit verpflichtet. Der Lohn der festangestellten Pflegefachkräfte liege zwischen 13,50 € und 14,00 € brutto pro Stunde.
Nach vorangegangener Anhörung stellte die Beklagte gegenüber den Klägern mit Bescheid vom 12. August 2016 fest, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2) als Altenpfleger bei der Klägerin zu 1) seit dem 1. September 2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und dass in dem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht beginne am 1. September 2013. Zur Begründung führte sie u. a. aus, Tatbestände, die die Versicherungspflicht ausschlössen oder Versicherungsfreiheit begründeten bzw. eine Befreiung von der Versicherung...