Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. abschließende Aufzählung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Bei den in § 24 Abs 1 S 2 SGB 12 genannten Hinderungsgründen handelt es sich nicht um Beispiele zur Konkretisierung eines Härte- oder Zumutbarkeitsbegriff, sondern um abschließende Benennung der Umstände, unter welchen ein Verbleib des Hilfesuchenden im Ausland ausnahmsweise hinzunehmen ist.
2. Aus der Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass es sich bei § 5 Abs 6 KonsG nicht um eine neben den Regelungen des SGB 12 bestehende, zusätzliche Anspruchsnorm, sondern um eine Organisationsnorm handelt.
3. Abgesehen von Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes und Personen, die am 31.12.2003 bereits Sozialhilfe bezogen, können Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, Sozialhilfe nach dem SGB 12 nur dann erhalten, wenn dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und einer der in § 24 Abs 1 S 2 SGB 12 abschließend aufgeführten Gründe vorliegt. Es ist nicht verfassungswidrig, dass das Gesetz im Übrigen keine Härtefallregelung enthält.
Tatbestand
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Gewährung von Sozialhilfe gerichtetes Begehren weiter.
Die 1924 in Deutschland (R bei B) geborene Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige, hat aber mit Ausnahme der Zeit von 1936 bis 1938 ausschließlich in Afrika, seit 1975 in Namibia, gewohnt. Sie erhielt von November 1976 bis Dezember 1980 und von Januar 1982 bis Dezember 1998 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Im Jahr 1997 wurde ihr ein vormals im Eigentum ihrer Eltern stehendes Grundstück rückübertragen, welches sie veräußerte. Den Erlös verwandte sie zum Teil auf die Tilgung von Verbindlichkeiten - so zahlte sie etwa die Hälfte eines vom Antragsgegner zurückgeforderten Betrags zurück -, zum anderen legte sie Geld an, um ihren Lebensunterhalt damit finanzieren zu können.
Einen Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland, in welchem sie unter anderem angab, ihre Ersparnisse aus der Erbschaft gingen zur Neige, übersandte die deutsche Botschaft in W mit einer diesen befürwortenden Stellungnahme im Juli 2002. Mit der Antragstellerin im April 2003 zugestellten Bescheid vom August 2002 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab und führte zur Begründung aus, Sozialhilfe für Deutsche im Ausland werde nur beim Vorliegen eines besonderen Notfalls gewährt. Ein solcher sei nicht erkennbar; bereits nach dem Antrag verfüge die Antragstellerin über ein Sparvermögen in Höhe von etwa 4.000 € und über eine monatliche namibische Rente von 20 €.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2004 lehnte der Antragsgegner einen weiteren Antrag auf die Gewährung von Sozialhilfe vom 20. Oktober 2003 ab und führte zur Begründung aus, mit Wirkung ab 01. Januar 2004 hätten sich die gesetzlichen Grundlagen insoweit geändert, als nach § 24 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten, keine Leistungen erhielten. Hiervon könne im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar sei und zugleich nachgewiesen werde, dass eine Rückkehr in das Inland wegen der Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben müsse, wegen längerfristiger stationärer Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder wegen hoheitlicher Gewalt nicht möglich sei. Nach Prüfung der vorliegenden Unterlagen sei eine Zugehörigkeit der Antragstellerin zum benannten Personenkreis nicht festzustellen, so dass ihrem Antrag bereits aus diesem Grunde nicht habe entsprochen werden können. Der Bescheid wurde am 24. Juni 2004 zugestellt.
Mit am 20. Juli 2004 per Fax eingegangenem Schreiben legte die Antragstellerin Widerspruch ein und trug vor, die Absage sei für sie erschreckend und bedrohlich. Mit ihren 80 Jahren könne sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr verdienen. Da sie keine Familie habe, müsse sie von Bekannten unterhalten werden. Die deutsche Botschaft könne ihre aussichtslose Lage bestätigen.
Mit Bescheid vom 15. November 2004, der Antragstellerin am 11. Februar 2005 zugestellt, wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück und führte nochmals aus, nach den seit Beginn des Jahres 2004 geltenden Vorschriften bestehe kein Anspruch auf die Gewährung von Sozialhilfe, weil die Antragstellerin weder objektiv gehindert sei, nach Deutschland zurückzukehren, noch eine außergewöhnliche Notlage im Sinne des Gesetzes bestehe.
Daraufhin hat die Antragstellerin am 05. April 2005 Klage erhoben und am 07. April 2005 den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Sie hat vorgetragen, der Schutz der Menschenwürde gebiete es, ihr entgegen dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift Leistungen zukommen zu lassen. Die besondere Eilbedürftigkeit ergebe sich aus der Tatsache, dass sie nur übe...