Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung vertragsärztlicher Leistungen. Leistungen im Notfalldienst. keine Abrechenbarkeit der Notfallpauschale des EBM-Ä 2005 im Rahmen des nicht organisierten Notfalldienstes. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Es liegt keine unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten iS von Nr 01100 EBM 2000 plus (juris: EBM-Ä 2005) vor, wenn dieser das vom Vertragsarzt vorgehaltene Angebot einer Notfallsprechstunde annimmt.
2. Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl BSG vom 17.9.2008 - B 6 KA 51/07 R = SozR 4-2500 § 75 Nr 10).
3. Organisierter Not(fall)dienst iS von Nr 01210 EBM 2000 plus ist nur der durch § 75 Abs 1 S 2 SGB 5 legal definierte Notdienst, den die Kassenärztlichen Vereinigungen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Sicherstellungsverpflichtung zu organisieren haben.
4. Der Ausschluss der Abrechnung nach Nr 01210 EBM 2000 plus für eigenverantwortlich und freiwillig organisierte Notfalldienste außerhalb des in Umsetzung der gesetzlichen Sicherstellungsverpflichtung organisierten Notfalldienstes ist nicht gleichheitswidrig.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarforderung der Klägerin für das Quartal II/2005. Gestritten wird um die Vergütung von Leistungen im Notfalldienst und dabei im Wesentlichen um die Frage, ob die Notfallpauschale des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) auch im Rahmen des nicht von der Beklagten organisierten Notfalldienstes, sondern des eigenverantwortlichen und freiwilligen hausärztlichen Notfalldienstes Ärzteverbund H.-N. in Ansatz gebracht werden kann.
Die Klägerin ist als Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis) zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Sie nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Ihre Gesellschafter sind ein Internist und ein Allgemeinarzt.
Gemeinsam mit weiteren Praxen bietet die Klägerin im Ärzteverbund H.-N. einen hausärztlichen Notfalldienst in der Notfallambulanz des A. Klinikums N. an. Die unter anderem im Internet bekannt gemachten Öffnungszeiten sind mittwochs und freitags von 16:00 bis 22:00 Uhr und samstags, sonntags und an Feiertagen von 10:00 bis 22:00 Uhr. Die Ärzte im Ärzteverbund H.-N. organisieren den hausärztlichen Notfalldienst als Bereitschaftsdienst.
Im Rahmen der Honorarabrechnung der Klägerin für das Quartal II/2005 nahm die Beklagte eine Berichtigung vor und in 103 Fällen Leistungen nach Nr. 01100 EBM (unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zu bestimmten Zeiten) von der Honorarabrechnung aus. Die Gebührenziffer werde im Rahmen der Rufbereitschaft in Ansatz gebracht. Bei Teilnahme am Notdienst müsse aber davon ausgegangen werden, dass der Vertragsarzt durch den Patienten in Anspruch genommen werde, so dass keine unvorhergesehene Inanspruchnahme vorliege. Die Berichtigung wurde bereits im Honorarbescheid für das Quartal II/2005 berücksichtigt. Ihren Widerspruch gegen den Berichtigungsbescheid begründete die Klägerin damit, auch bei Teilnahme an der hausärztlichen Notfallambulanz sei die Inanspruchnahme durch den einzelnen Patienten nicht vorhersehbar. Gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/2005 wurde kein Widerspruch eingelegt.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Berichtigungsbescheid durch Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2006 zurück. Die Nr. 01100 EBM könne ebenso wenig in einer Notfallbereitschaft abgerechnet werden wie in einer Krankenhausnotfallambulanz oder im organisierten Notfalldienst. Die von Vertragsärzten an den Krankenhäusern abgehaltenen Notfallsprechstunden seien Sprechstunden, also Zeiten, zu denen der Arzt regelmäßig für die Patientenversorgung zur Verfügung stehe. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Arzt durch den Patienten in Anspruch genommen werde, so dass keine unvorhergesehene Inanspruchnahme gegeben sei.
Mit ihrer am 6. März 2006 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren nach Aufhebung der Berichtigung weiter verfolgt und unter anderem vorgetragen, im Rahmen des Bereitschaftsdienstes halte der Vertragsarzt keine Sprechstunde vor, da er nicht in seiner Praxis und mit seinem Personal zur Behandlung bereit stehe. Er sei auch nicht verpflichtet, sich während des Bereitschaftsdienstes auf dem Krankenhausgelände aufzuhalten. Wenn man der Klägerin nicht die Abrechnung nach Nr. 01100 EBM zugestehe, müsse sie die Leistungen zumindest aus Gründen der Gleichbehandlung nach Nr. 01210 EBM (Notfallpauschale im organisierten Notfalldienst) abrechnen können.
Die Beklagte hat entgegnet, die festen Öffnungszeiten des vom Ärzteverbund H.-N. selbständig organisierten Notfalldienstes seien einer ärz...