Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Klageänderung. Sachdienlichkeit. Anrechnung von Arbeitslosenhilfenachzahlungen auf SGB 2-Leistungen. anderer Leistungsträger
Orientierungssatz
Eine vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage auf Anrechnung einer Nachzahlung von Arbeitslosenhilfe auf die Leistungen des SGB 2 führt zu einer Klageänderung, deren Begehren sich gegen einen anderen Leistungsträger richtet und daher für nicht sachdienlich iS von § 99 Abs 1 SGG gehalten wird.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. September 2002 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2001 wird insofern aufgehoben, als er die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe mit Wirkung für die Vergangenheit für die Zeit bis einschließlich 12. April 2000 aufgehoben hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte wird dem Grunde nach verpflichtet, einen Nachzahlungsbetrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - Allgemeiner Teil - zu verzinsen.
Die Feststellungsklage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten der Rechtsverfolgung dem Grunde nach zu einem Sechstel zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung der Beklagten zur vorläufigen Einstellung der dem Kläger bewilligten Arbeitslosenhilfe mit Ablauf des 31. Juli 1999 sowie zur Aufhebung der Bewilligung ab dem 23. Juni 1999 und zur Erstattung der bis zum 31. Juli 1999 gezahlten Arbeitslosenhilfe einschließlich der zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichteten Beiträge. Des Weiteren begehrt der Kläger die Feststellung, dass ein im Falle seines Obsiegens zu zahlender Nachzahlungsbetrag nicht auf seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. Arbeitslosenhilfe anzurechnen ist.
Der ... 1949 geborene Kläger hat ein Studium der Rechtswissenschaften mit der Ersten Juristischen Staatsprüfung am 25. August 1975 erfolgreich abgeschlossen. Nach einer Tätigkeit als Referendar im Angestelltenverhältnis beim H O vom 1. November 1991 bis zum 30. April 1992 bezog er zunächst Arbeitslosengeld und nach Erschöpfung der Anspruchdauer im Mai 1994 Arbeitslosenhilfe. Die Ablehnung der vom Kläger angestrebten und auch vor dem Verwaltungsgericht Hamburg (7 VG 1019/93) geltend gemachten Fortsetzung des Referendariats durch das H O wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung des Klägers (Verfolgungswahn) nahm die Beklagte zum Anlass für eine Begutachtung der Erwerbsfähigkeit des Klägers. Auf der Grundlage einer nervenärztlichen Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B aus dem Dezember 1993 und der von ihm abgegebenen Einschätzung kam Dr. L vom ärztlichen Dienst der Beklagten in seinem Gutachten vom 25. Januar 1994 zum Ergebnis, dass eine gesundheitlich bedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht vorliege.
Nachdem der Kläger die Teilnahme an einer zwei Monate umfassenden Trainingsmaßnahme in der Stiftung Berufliche Bildung abgelehnt hatte, veranlasste die Beklagte am 30. Juni 1998 erneut eine ärztliche Begutachtung des Klägers, die klären sollte, ob er gesundheitlich in der Lage sei, an einer Trainingsmaßnahme/Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilzunehmen, und welche Einschränkungen bei der Arbeitsvermittlung zu berücksichtigen seien. Die Arbeitsamtsärztin Dr. S führte in ihrem Gutachten vom 25. August 1998 / 28. Januar 1999 aus, es bestehe vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten, jedoch nicht für den 1. Arbeitsmarkt. Qualifizierte Schulungsmaßnahmen seien nicht sinnvoll. Günstig wäre ein geschützter Arbeitsplatz. Gegen Arbeitstrainingsmaßnahmen bestünden keine Bedenken. Auf Grund der psychischen Störungen seien die Einsatzmöglichkeiten auf Tagesschicht begrenzt und Arbeiten unter Zeitdruck und vermehrter psychischer Belastung ausgeschlossen. Sie stützte sich bei dieser Einschätzung im Wesentlichen auf die von der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R im o. g. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg am 27. Januar 1995 und 10. Juli 1995 erstatteten Gutachten. Die Sachverständige war dort nach drei Untersuchungs- und Gesprächsterminen mit dem Kläger im September und Oktober 1994 zum Ergebnis gekommen, dieser sei aufgrund einer paranoiden Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis mit einem systematisierten Wahn bei gut erhaltener Persönlichkeit für die Referendarausbildung nicht geeignet und zudem prozessunfähig. Das Verwaltungsgericht hatte auf der Grundlage dieses Gutachtens die auf Fortsetzung des Referendariats gerichtete Klage wegen fehlender Prozessfähigkeit des Klägers als unzulässig abgewiesen.
Der Kläger widersprach der ihm am 12. Februar 1999 eröffneten Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit durch Frau Dr. S mit der Begründung, dies...