Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. künstliche Befruchtung. Verfassungsmäßigkeit der oberen Altersgrenze für Frauen
Orientierungssatz
Die in § 27a Abs 3 S 1 SGB 5 für Frauen festgesetzte Altersgrenze von 40 Jahren für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung ist verfassungsgemäß.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung im Streit.
Die 43-jährige, verheiratete Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem am XX.XX 1959 geborenen T. Ü., begehrte sie unter Vorlage der Behandlungspläne am 29. April 2005 von der Beklagten die Übernahme der Kosten für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung durch eine Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) wegen andrologisch bedingter Sterilität mit geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 3.808,62 EUR einschließlich eines 50 prozentigen Patientenanteils an den Kosten der ärztlichen Behandlung von 1.104,31 EUR.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2005 lehnte die Beklagte dieses Begehren unter Hinweis darauf ab, dass die Klägerin das vierzigste Lebensjahr bereits überschritten habe und deshalb auch im Ausnahmefall keine Kosten übernommen werden könnten. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Beklagte könne sich für die erfolgte vollständige Ablehnung der Kostenübernahme nicht auf § 27a Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in der Fassung des am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzes vom 14. November 2003 (GKV-Modernisierungsgesetz, BGBl I S. 2190) berufen, weil der Leistungsausschluss für Frauen, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, verfassungswidrig sei. In gleicher Weise verfassungswidrig sei es, wenn die Leistungspflicht der Krankenkasse auf drei Befruchtungsversuche und jeweils 50 Prozent der Behandlungskosten beschränkt werde. Hierdurch würden das aus dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende spezielle Diskriminierungsverbot, das ebenfalls aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende Recht auf Familiengründung, das Recht auf Nachkommenschaft aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Seit dem 1. Januar 2004 sei die Gewährung der begehrten Leistung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung für Frauen ausgeschlossen, die das vierzigste Lebensjahr vollendet hätten. Hieran sei die Beklagte gebunden.
Das Sozialgericht hat die daraufhin unter Wiederholung des Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren fristgerecht erhobene Klage durch Gerichtsbescheid vom 2. Januar 2007 abgewiesen. Die Klägerin habe wegen Überschreitung der Altersgrenze keinen Leistungsanspruch. Dies sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt, weil es vernünftige medizinische und sozialpolitische Gründe dafür gebe, dass die begehrte Leistung nicht altersunabhängig zur Verfügung gestellt werde. Auch aus Art. 6 Abs. 1 GG könne kein Anspruch abgeleitet werden, dass der Staat die finanziellen Mittel zur Verfügung stelle, die erforderlich seien, um außerhalb des natürlichen Zeugungsvorganges Kinder bekommen zu können. Die Entscheidung ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. Januar 2007 zugestellt worden.
Mit ihrer am 5. Februar 2007 eingelegten Berufung wiederholt die Klägerin nochmals ihr bisheriges Vorbringen und beantragt sinngemäß schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 12. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2005 zu verurteilen, die Kosten für drei Behandlungszyklen der künstlichen Befruchtung durch eine intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) vollen Umfanges zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung und diejenige des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nach §§ 105 Abs. 2, 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist im Übrigen auch zulässig, namentlich fristgerecht (§ 105 Abs. 2 SGG) erhoben worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die zulässigerweise mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat auf die begehrte Sachleistung keinen...