Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Einpersonenhaushalt im Landkreis Vorpommern-Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts. fehlerhafte Datenauswertung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird bei Erstellung eines schlüssigen Konzepts zunächst das untere Segment des Gesamtwohnungsmarktes ermittelt, bildet die Spannobergrenze der so gewonnenen Daten die Angemessenheitsgrenze. Allenfalls Extremwerte dürfen vor endgültiger Festlegung der Angemessenheitsobergrenze ausgeschieden werden.
2. Eine Auswertung mittels der sogenannten "Zwei-Drittel-Spanne", wie sie bei der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln vorgenommen wird, ist zirkelschlüssig, wenn nur die das untere Segment des Gesamtwohnungsmarktes repräsentierenden Datensätzen herangezogen werden.
Tenor
Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts dahingehend abgeändert, als das für November 2015 der Anspruch der Klägerin auf 251,23 Euro und für Januar 2016 der Anspruch der Klägerin 92,93 Euro beträgt und damit für November 2015 weitere 37,72 Euro auszuzahlen sind, sowie sich der für Januar 2016 zu zahlende Erstattungsbetrag auf 112,85 Euro reduziert. Die darüber hinausgehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum August 2015 bis Januar 2016 und damit einhergehend über die Höhe der seitens der Klägerin zu erstattenden zuvor vorläufig erbrachten Leistungen für den genannten Zeitraum.
Die am 08. August 1962 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Klägerin bezog u.a. im Streitzeitraum Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Sie bewohnt alleine eine 56,60 qm große Mietwohnung in D-Stadt, Ortsteil A-Stadt, für welche eine mtl. Grundmiete i. H. v. 254,83 €, eine mtl. Vorauszahlung für kalte BK i. H. v. 55,00 € sowie eine mtl. Vorauszahlung für Heizkosten i. H. v. 48,00 € aufzuwenden waren. Der Beklagte belehrte die Klägerin mit Schreiben vom 11. März 2013 darüber, dass er die Kosten der Unterkunft für unangemessen halte. Beigefügt war ein Blatt zur “Belehrung über unangemessene Kosten der Unterkunft„, in welchem auf die Richtlinie des Landkreises Vorpommern-Greifswald Bezug genommen und ausgeführt wird, dass die Richtlinie für eine Person eine maximale Bruttokaltmiete i. H. v. 250,00 € vorschreibe. Dieser Wert sei bei der Klägerin um 59,83 € überschritten. Es werde darauf hingewiesen, dass die unangemessene Miete bis maximal zum 31. Juli 2013 übernommen werde. Die Klägerin war aufgefordert, diese Belehrung unterschrieben zurückzusenden. Ein Rücklauf zur Akte ist nicht feststellbar. Allerdings brachte die Klägerin auf Nachfrage mit Schreiben vom 28. April 2013 letztlich zum Ausdruck, die Belehrung erhalten zu haben, da sie sich darauf berief, diese eingereicht zu haben.
Ab Februar 2014 deckelte der Beklagte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Berechnung der der Klägerin mtl. bewilligten Leistungen auf die Angemessenheitsgrenze der Richtlinie. Auch für die Folgezeiträume bis Juli 2015 wurden der Klägerin auf die jeweiligen Weiterbewilligungsanträge Leistungen gewährt, wobei die KdU jeweilig nur in Höhe der Angemessenheitsgrenze berücksichtigt wurden. Die Klägerin erhob in sämtlichen Zeiträumen nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage. Das Sozialgericht gab den Klagen hinsichtlich der KdU vollständig statt. Die eingelegten Berufungen hat der Beklagte teilweise zurückgenommen bzw. im Rahmen eines Unterwerfungsvergleiches unter die Entscheidung im vorliegenden Verfahren beendet.
Für den hier streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 16. Juli 2015 mit Bescheid vom 27. Juli 2015 vorläufige Leistungen für den Zeitraum August 2015 bis Dezember 2015 i. H. v. mtl. 196,31 € und für Januar 2016 i. H. v. 185,64 €. Als Grund der Vorläufigkeit benannte der Beklagte Einkommen aus Erwerbstätigkeit, dessen Höhe mtl. nachzuweisen sei. Aus dem beigefügten Berechnungsbogen ist ersichtlich, dass für den Zeitraum August bis Dezember 2015 Fahrkosten i. H. v. 45,60 € berücksichtigt wurden, während im Monat Januar 2016 die 100,00 € - Pauschale und nicht die tatsächlichen Kosten abgesetzt wurden.
Am 12. August 2015 legte die Klägerin Widerspruch gegen die vorläufige Bewilligung vom 27. Juli 2015 unter Hinweis auf die aus ihrer Sicht zu niedrigen KdU ein. Mit Bescheid vom 09. November 2015 bewilligte der Beklagte zunächst für den Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2015 mtl. Leistungen i. H. v. 208,36 € und für Januar 2016 i. H. v. 197,69 €. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit dem 01. Oktober 2015 die neue Richtlinie des Landkreises in Kraft getreten sei und nunmehr eine Bruttokaltmiete i. H. v. 264,05 € als angemessen gelte. Nach dieser Teilabhilfe wies der Beklagte den Widerspru...