Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Betriebs- und Heizkostennachforderung. ordnungsgemäß geleistete Vorauszahlungen. nicht mehr bewohnte Unterkunft. kein Leistungsbezug zum Zeitpunkt der Entstehung der Nachforderung
Orientierungssatz
1. Der Übernahme einer Betriebs- und Heizkostennachforderung als aktueller Bedarf zum Fälligkeitszeitpunkt gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 steht nicht entgegen, dass der Hilfebedürftige ohne Kostensenkungsaufforderung, aber mit Zusicherung des Grundsicherungsträgers aus gesundheitlichen Gründen und wegen Wohnungsmängeln zwischenzeitlich in eine andere Wohnung umgezogen ist.
2. Die Übernahme einer Betriebs- und Heizkostennachforderung als aktueller Bedarf zum Fälligkeitszeitpunkt gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Hilfebedürftige im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kostennachforderung im Jahr 2009 nicht im Leistungsbezug gestanden hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. Dezember 2012 wird zurückgewiesen und der Tenor klarstellend wie folgt neu gefasst:
Der Bescheid des Beklagten vom 04. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2011 wird abgeändert und der Beklagte verpflichtet, dem Kläger Grundsicherungsleistungen für den Monat Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 416,61 € zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Klägers für beide Rechtszüge.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme einer Betriebskostennachforderung für eine nicht mehr bewohnte Wohnung streitig.
Der verheiratete, erwerbsfähige Kläger und seine Ehefrau standen seit 2005 bis Juli 2008 im Leistungsbezug des Beklagten. Sie bewohnten eine 61 m² große 3-Zimmer-Wohnung im P. in A-Stadt, für welche sie seit dem 01. Januar 2010 eine Bruttowarmmiete von 302,84 € (davon 62,00 € Heizung/Warmwasser, 59,04 € Betriebskosten) zu zahlen hatten.
Nachdem am 15. September 2009 der gemeinsame Sohn geboren worden war, stellte die Ehefrau des Klägers am 15. April 2010 erneut einen Antrag auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Dieser bewilligte unter anderem für Juni bis Oktober 2010 monatliche Leistungen in Höhe von 964,32 €, wobei er Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 287,32 € berücksichtigte sowie ein Einkommen aus Kindergeld in Höhe von 184,00 €. Mit Änderungsbescheid vom 20. Mai 2010 bewilligte der Beklagte für Juni bis Oktober 2010 monatliche Leistungen in Höhe von 191,41 € unter Zugrundelegung eines bereinigten Einkommens des Klägers aus Arbeitslosengeld I in Höhe von 772,91 €.
Am 19. August 2010 beantragten der Kläger und seine Ehefrau die Übernahme der Leistungen für KdU für eine neue Wohnung, da die derzeitige Wohnung mangelhaft, insbesondere die Fenster defekt seien und somit im Winter die vorgeschriebene Temperatur nicht erreicht werden könne.
Mit Bescheid vom 24. August 2010 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da eine Notwendigkeit für den Umzug nicht vorliege. Lägen bauliche Mängel vor, seien vorrangig Verpflichtungen des Vermieters zu prüfen. Bei gravierenden Mängeln sei der Vermieter mindestens zweimal anzumahnen.
Mit weiterem Bescheid vom 24. August 2010 bewilligte der Beklagte unter anderem für September und Oktober 2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 463,82 € unter Berücksichtigung eines (fiktiven) Einkommens aus Erwerbstätigkeit des Klägers in Höhe von (bereinigt) 581,39 €.
Am 30. August 2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid hinsichtlich der Versagung einer Zusicherung zum Umzug und wies darauf hin, den Vermieter im Mai und Juli 2010 auf die undichten Fenster hingewiesen zu haben. Dem Vermieter sei eine Frist gesetzt worden. Dieser habe allerdings mitgeteilt, dass Geld zur Erneuerung der Fenster nicht zur Verfügung stehe. Die Fenster seien total verzogen und undicht, so dass im letzten Winter in der Wohnung maximal 14Grad erreicht worden seien.
Im Rahmen eines Hausbesuches stellte der Beklagte fest, dass die Fenster der Wohnung ca. 5 mm undicht seien, so dass ein Wärmeverlust denkbar sei und Nässe eindringen könne. Im Bad bestünden erhebliche Mängel, insbesondere Schimmel an den Wänden.
Daraufhin erkannte der Beklagte die Erforderlichkeit des Umzugs aus gesundheitlichen Gründen an und erteilte mit Bescheid vom 14. Oktober 2010 nachträglich die Zusicherung für die bereits am 01. Oktober 2010 vom selben Vermieter angemietete 3-Zimmer-Wohnung im P. 51 in A-Stadt zu einer Gesamtmiete von 397,70 € (270,00 € Grundmiete, 67,70 € Betriebskosten und Standardgebühr Kabelfernsehen, 60,00 € Heizung/Warmwasser).
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte unter anderem für Oktober 2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von 558,68 €, wobei er nunmehr Unterkunftskosten in Höhe von 382,18 € anerkannte.
Am 21. Oktober 2010 reichten die Kläger die im selben Monat fällige Heiz- und Betri...