Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Sozialhilfe nach längerer Aufenthaltsdauer
Leitsatz (amtlich)
1. Eine 36-monatige Aufenthaltsdauer ohne Bezug von Sozialleistungen genügt nicht für die Anwendung des § 2 AsylbLG.
2. Aus § 2 AsylbLG ergibt sich, dass Leistungsberechtigte es grundsätzlich hinzunehmen haben, für eine Dauer von mindestens drei Jahren nur auf dem Niveau reduzierter Leistungen nach §§ 3-7 AsylbLG ihren Lebensunterhalt bestreiten zu müssen. Dieses gilt auch für Leistungsberechtigte, die zB nach dem Verbrauch vorhandenen Einkommens und Vermögens Leistungen nach dem AsylbLG in Anspruch nehmen müssen.
3. Eine analoge Anwendung des § 2 AsylbLG ist nur denkbar bei einem 36-monatigen Leistungsbezug nach anderen Sozialleistungssystemen (BSHG, SGB 2, SGB 12).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 24.Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ab dem 16. März 2006.
Der Antragsteller ist serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger. Seit 1994 hält er sich in der Bundesrepublik Deutschland auf und verfügte bis zum 20. Mai 2003 über eine Aufenthaltserlaubnis wegen der Ausübung der Personensorge für sein deutsches Kind. Ein verspäteter Antrag, diese Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zu verlängern, wurde abgelehnt; stattdessen erhielt der Antragsteller für die Zeit ab dem 16. Januar 2006 eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG und am 5. April 2006 eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG.
Anfang 2006 beantragte der Antragsteller erstmals Sozialleistungen. Ab dem 1. Februar 2006 wurden dem Antragsteller durch das Jobcenter C. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt. Diese Leistungsgewährung wurde eingestellt, nachdem festgestellt wurde, dass der Antragsteller zum Kreis der Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG gehört. Durch Bescheide der von dem Antragsgegner herangezogenen Stadt Hildesheim vom 23. März 2006 wurden dem Kläger sodann rückwirkend ab dem 16. März 2006 Leistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG gewährt. Gegen diese Bescheide erhob der Antragsteller unter dem 11. April 2006 Widerspruch mit der Begründung, die Aufenthaltserlaubnis sei zu Unrecht nicht nach § 28 Abs 1 Nr 3 AufenthG, sondern nach § 25 Abs 5 AufenthG verlängert worden und allein dadurch sei er in den Kreis der Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG gerutscht. Gegen die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG gehe er aufenthaltsrechtlich vor. Aber selbst wenn die Verlängerung in der von der Ausländerstelle vorgenommenen Form richtig gewesen wäre, bliebe es falsch, ihn nunmehr wie einen frisch angekommenen Asylbewerber zu behandeln. Über den Widerspruch ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden.
Den beim Sozialgericht (SG) Hildesheim am 5. Mai 2006 gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren, lehnte das SG Hildesheim durch Beschluss vom 24. Juli 2006 ab. Zur Begründung führte es aus, dass dem Antragsteller kein Anordnungsanspruch zur Seite stünde, da er nicht wie in § 2 Abs 1 AsylbLG vorausgesetzt über die Dauer von 36 Monaten Leistungen nach § 2 AsylbLG bezogen habe. Auf einen langjährigen legalen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland käme es nicht an. Eine planwidrige Regelungslücke könne allenfalls bei denjenigen Leistungsbeziehern nach §25 Abs 5 AsylbLG vorliegen, die durch die Änderungen des AsylbLG zum 1. Januar 2005 in den Kreis der Leistungsberechtigten aufgenommen worden seien und zuvor über einen Zeitraum von über 36 Monaten Leistungen eines anderen Leistungssystems (z. B. nach BSHG oder dem SGB II) erhalten hätten. Ein Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal eines Leistungsbezuges über einen Zeitraum von 36 Monaten sei jedoch nicht möglich.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das SG Hildesheim nicht abgeholfen.
Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsteller aus, dass bei der Entscheidung des SG unberücksichtigt geblieben sei, dass er seit Jahren über einen Legalaufenthalt in Deutschland verfügt habe und auch jetzt über einen solchen verfüge. Auch sei unberücksichtigt geblieben, dass ihm durch die jetzt vorgenommene massive Leistungskürzung die Möglichkeit weiterer Integration in Deutschland erheblich beschnitten worden sei. Es könne nicht richtig sein, dass ein im Übrigen ausreisepflichtiger Ausländer nach drei Jahren Wartens in den Genuss ungekürzter Mittel auch zum Zweck einer besseren sozialen Integration komme, dagegen ein langjährig legal aufhältiger Mensch wie er ohne eine solche Ausreiseverpflichtung erheblich schlechter gestellt werde. Daraus ergebe sich eine vom Gesetzgeber nicht bedachte Regelungslücke. Ziel der Regelungen des AsylbLG sei es nach wie vor, die Ansprüche solcher Auslä...