Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit der Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache. Vorliegen von Berufungszulassungsgründen. Arbeitslosengeld II. Heizkosten. Anordnungsgrund
Leitsatz (amtlich)
Eine Beschwerde im Eilverfahren ist nach § 172 Abs 1 SGG statthaft, wenn die Berufung in der Hauptsache 750 € nicht übersteigt, diese aber im Hinblick auf die Berufungszulassungsgründe des § 144 Abs 2 SGG zulässig wäre.
Orientierungssatz
Zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes bei Geltendmachung des Differenzbetrages zwischen den vom Grundsicherungsträger übernommenen Heizkosten und den vom Leistungsempfänger errechneten Heizkosten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.
Tenor
Auf Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 23. Oktober 2009 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens dem Antragsteller für den Leistungszeitraum vom 1. September 2009 bis zum 28. Februar 2010 Kosten für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung eines auf Heizkosten entfallenden Betrages von 80,83 € monatlich zu zahlen.
Der Antragsgegner erstattet dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der erstattungsfähigen Heizkosten streitig.
Der 1959 geborene Antragsteller ist alleinstehend und bewohnt in einem Ortsteil von F. eine 58 qm große 2-Zimmerwohnung in einem alten Haus, das nicht isoliert ist und nur einfach verglaste Fenster hat. Beheizt wird die Wohnung durch einen strombetriebenen Nachtspeicherofen, der im Wohnzimmer steht. Im Schlafzimmer und im Bad gibt es keine Heizung, in der Küche heizt der Antragsteller durch einen Elektrolüfter. Warmwasseranschlüsse in der Küche und im Bad existieren nicht. Der Antragsteller besitzt keinen funktionierenden Kühlschrank und keine Waschmaschine; in der Küche ist eine Elektrokochplatte vorhanden. Für diese Wohnung muss der Antragsteller eine Kaltmiete von 200,00 € sowie Nebenkosten von 25,00 € monatlich zahlen. Der monatliche Abschlag für den Stromlieferanten G. beträgt 106,00 €. Der Antragsteller konnte von der Fa. G. nicht in Erfahrung bringen, welcher Betrag des monatlichen Abschlages auf den Betrieb des Nachtspeicherofens entfällt. Aus der letzten Jahresabrechnung ermittelte der Antragsteller einen Anteil des Niedrigtarifes zu den Stromgesamtkosten von 78,92 %, so dass auf dieser Basis von dem Abschlag 83,66 € auf die Heizkosten entfallen würden.
Die Agentur für Arbeit H. gewährte dem Antragsteller mit Bescheid vom 12. August 2009 vom 1. September 2009 bis zum 28. Februar 2010 eine Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 359,00 € monatlich. Daraufhin gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 25. August 2009 für denselben Bewilligungszeitraum Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 275,00 € monatlich, bestehend aus Kaltmiete: 200,00 €, Nebenkosten: 25,00 € und Heizkosten ohne Warmwasseranteile: 50,00 €. Es ist nicht bekannt, wie der Antragsgegner den Betrag für die Heizung von 50,00 € ermittelt hat. Gegen den Bewilligungsbescheid des Antragsgegners legte der Antragsteller am 1. September 2009 Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden wurde.
Am 1. September 2009 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Lüneburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt zwecks Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der von ihm errechneten Heizkosten von monatlich 83,66 € in voller Höhe. Er hat vorgetragen, dass er in der kalten Jahreszeit nur sehr sparsam heize, weil nur ein Raum über die Nachtspeicherheizung erwärmt werde und in der Küche der Heizlüfter nur im Betrieb sei, wenn er sich dort aufhalte.
Der Antragsgegner hat erwidert, bezüglich eines monatlichen Differenzbetrages von 33,66 € bestehe kein Anordnungsgrund, so dass der Antragsteller auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu verweisen sei. Dies gelte schon deshalb, weil nach Auffassung anderer Gerichte eine Kürzung um 20 % grundsätzlich hinzunehmen sei. Nach anderen Beschlüssen des SG Lüneburg sei die Grenze des zum Lebensunterhalt Unerlässlichen sogar bei 70 % der Regelleistung anzusetzen. Bei Zugrundelegung des bundesweiten Heizspiegels ergeben sich für die Wohnung des Antragstellers angemessene Heizkosten zwischen 71,76 € und 80,83 € bei Beheizung durch Erdgas bzw. durch Heizöl.
Das SG Lüneburg hat mit Beschluss vom 23. Oktober 2009 die Ausführungen des Antragsgegners zum Fehlen des Anspruchsgrunds übernommen und allein aus diesem Grund den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Denn der vom Antragsteller geforderte Betrag stelle nicht einmal 10 % der Regelleistung dar. Eine entsprechende Einschränkung der Lebensführung sei dem Antragsteller bis zum Ende des Hauptsacheverfa...